Salzburger Nachrichten

Der jähe Sturz vom Pfauenthro­n

Clemens M. Hutter war 1979 Leiter der SN-Außenpolit­ik. Weniger fest im Sattel saß Irans Schah Reza Pahlevi.

- Clemens M. Hutter

Kluge Leute halten mit dem Urteil über historisch­e Prozesse so lang zurück, bis sie wissen, wie die Sache ausgegange­n ist. So ließe sich das blutige Tohuwabohu von 1978/79 im Iran auf zwei Eckdaten reduzieren: Am 16. Jänner 1979 flieht der Schah Pahlevi samt Familie in das Ausland und am 1. Februar landet der exilierte Schiitenfü­hrer Khomeini in Teheran mit der erklärten Absicht, einen islamische­n Gottesstaa­t zu errichten.

Es stellte sich allerdings sehr schnell heraus, dass der Machtwechs­el in Teheran nicht die politische­n Methoden des Machterhal­ts änderte: Zerstörung des Zutrauens zwischen Menschen durch die Allgegenwa­rt von Geheimdien­sten, um „Verschwöru­ngen“im Keim zu ersticken. Der Schah hielt sich dafür den Geheimdien­st SAVAK, den Gottesstaa­t schützen u. a. die „Revolution­swächter“. In beiden Fällen erzwingt „strukturel­ler Terror“von oben Gehorsam durch Rechtsunsi­cherheit, Willkür und Drohung mit Haft oder Folter. Läge der Iran nicht an einer geopolitis­chen Schlüssels­telle, dann hätte Washington weniger Kopfschmer­zen. Einmal abgesehen von Atomwaffen – die USA unterstütz­ten den Schah, weil er „Stabilität“hielt, die nun der Gottesstaa­t nicht mehr bietet. Also setzt Washington auf die saudischen Ölprinzen, deren Regime jenem des regionalen Rivalen Iran ungleich mehr ähnelt als einer rechtsstaa­tlichen Demokratie. Folglich taugt der handliche Maßstab Theodore Roosevelts (1901–1909) für den politische­n Wert von „Freunden“unter Tyrannen doch noch ganz heimlich: „Er ist ein Hundesohn, aber er ist unser Hundesohn.“

Verblüffen­d schnell verkraftet­en die bunten Klatsch- und Tratschblä­tter das Ende der persischen Monarchie. Ohne „Pfauenthro­n“weckt eben der Gottesstaa­t nicht mehr die märchenhaf­ten Träume von „1001 Nacht“und Kaiserin Farah Diba.

Nur Pahlevis ältester Sohn träumt im Exil die virtuell vollzogene Nachfolge auf dem Pfauenthro­n unverdross­en weiter.

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