Gute Milch oder böse Milch?
Österreicher würden zu wenig Milch trinken, sagen Ernährungsforscher. Aber nicht für alle Menschen ist sie auch wirklich gesund.
WIEN. Die Österreicher trinken zu wenig Milch. Weder Kinder noch Erwachsene oder Senioren erreichen laut Ernährungsbericht 2012 die Empfehlung, täglich drei Portionen Milch und Milchprodukte aufzunehmen. Heimische Ernährungswissenschafter fürchten um den guten Ruf der Kuhmilch und wollen daher mit diversen Irrtümern rund um die Kuhmilch aufräumen.
Die Ursachen dafür sieht die Ernährungswissenschafterin Marlies Gruber unter anderem darin begründet, dass Milchgegner gesundheitliche Nachteile gegen das Grundnahrungsmittel vorbringen und Konsumenten verunsichern.
Wissenschaftlich betrachtet gibt es allerdings keinen Grund für einen Verzicht. Milch und Milchprodukte wurden und werden intensiv erforscht. In mehr als 42 Ländern der Welt sind sie wegen ihrer günstigen Nährstoffzusammensetzung sogar fixer Bestandteil offizieller Ernährungsempfehlungen. Schließlich liefern sie reichlich Kalzium, BVitamine und Jod sowie wertvolles Eiweiß. In Bezug auf die Entwicklung von Diabetes Typ 2 zeigen Milch und Milchprodukte ebenso einen Schutzeffekt. Laut einer Meta-Analyse aus 2013 senkt der tägliche Genuss von 200 Gramm Milchprodukte das Diabetesrisiko um sechs Prozent. Dabei sind fettarme Milch, Käse und Joghurt wirksam, Vollmilch hat keinen Einfluss.
Weitere Studien führen die Schutzwirkung auf Kalzium, Magnesium und Milchprotein zurück. Bei Käse und Joghurt wurde zudem erst kürzlich der durch die bakterielle Fermentation bedingte hohe Vitamin-K-Gehalt als eigenständiger Schutzfaktor genannt.
Ein gängiger Mythos verdächtigt Milch, ein Kalziumräuber zu sein. Begründet wird dies damit, dass das Osteoporose-Risiko in Ländern mit reichlichem Milchkonsum und damit hoher Kalziumaufnahme am höchsten ist. „Vermutet wird, dass das mit der Milch zugeführte Eiweiß die Kalziumausscheidung aus den Knochen verstärkt.
Aktuelle Studien widersprechen dieser Annahme. Milch und Milchprodukte liefern deutlich mehr Kal- zium, als zur Neutralisierung des aufgenommenen Proteins ausgeschieden wird. Der regelmäßige Konsum von Milch erhöht somit die Knochenmineralisierung. „Voraussetzung ist eine ausreichende Versorgung mit Vitamin D“, sagt Gruber. Das Vitamin wird vom Körper durch Sonnenbestrahlung in der Haut gebildet oder über die Nahrung aufgenommen.
Trotz der vielen Vorteile, die regelmäßiger Milchkonsum hat, gibt es auch eine Menge Beschwerden, die auftreten können. Etwa eine Laktoseintoleranz. In Österreich leiden zehn bis 20 Prozent aller Menschen an einem Mangel des Enzyms Laktase. Es sollte den Milch- zucker abbauen. Menschen, die unter einer Kuhmilchallergie leiden, können auf zwei verschiedene Arten von Milcheiweiß, entweder auf Kasein oder Molkeneiweiß, allergisch reagieren.
Je nachdem, welche Eiweißart eine allergische Reaktion beim Betroffenen auslöst, können bestimmte Milchprodukte konsumiert werden oder es muss gänzlich auf Milchprodukte verzichtet werden. Im Kindesalter zeigen sich Allergiesymptome wie Kribbeln im Mund, Juckreiz und Ausschlag. Magen-Darm-Beschwerden wie Blähungen oder Bauchdrücken und Übelkeit sind Anzeichen, dass Milch nicht gut vertragen wird.
Das „American Journal of Dermatology“hat unlängst Studien veröffentlicht, die zeigen, dass Milchkonsum mit der Entstehung von Akne und anderen Hauterkrankungen in Verbindung gebracht werden kann, falls man eine vererbte Neigung zu solchen Hauptproblemen hat. Forschungsergebnisse zeigen weiters, dass Milchtrinker ein um 44 Prozent erhöhtes Risiko haben, Hautprobleme zu entwickeln.
Wer auf Milch verzichten will oder muss, kann verstärkt kalziumreiche Lebensmittel konsumieren. Dazu zählen Brokkoli, Fenchel, Nüsse, Sonnenblumensamen, Sesam, kalziumreiche Mineralwässer und Sojamilch.