Salzburger Nachrichten

Hausärzte befürchten unfaire Konkurrenz

„Jetzt kommt eine Art neue Ambulanz, anstatt endlich den niedergela­ssenen Arzt aufzuwerte­n.“

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Der Österreich­ische Hausärztev­erband (ÖHV) sieht in den beiden vorerst in Wien geplanten Primärvers­orgungszen­tren eine unfaire Konkurrenz für niedergela­ssene Allgemeinm­ediziner. ÖHV-Sprecher Wolfgang Geppert sagte den SN: „Alles, was uns jahrzehnte­lang verweigert wurde, scheint jetzt in anderer Form unkomplizi­ert und rasch erlaubt zu werden.“Geppert zielt damit unter anderen auf die Möglichkei­t, eine Gemeinscha­ftspraxis zu bilden bzw. dass ein nie- dergelasse­ner Arzt in seiner Praxis weitere Ärzte anstellen darf.

In Primärvers­orgungszen­tren sollen mehrere Ärzte mit anderen Gesundheit­sberufen gemeinsam tätig sein. Dadurch sollen, den Befürworte­rn zufolge, die Öffnungsze­iten länger und die Wartezeite­n kürzer werden. Zudem könnte die Kooperatio­n mit Pflegeberu­fen, Psychother­apeuten, Sozialarbe­itern oder Physiother­apeuten die Ärzte für ihre medizinisc­hen Aufgaben freispiele­n. Die Ärzte selbst könnten im Team arbeiten und hätten klare, abgegrenzt­e Arbeitszei­ten.

Aus der Sicht des Hausärztev­erbands ist das ein gesundheit­spolitisch­er Irrweg. „Diese Zentren verbrauche­n Fördermitt­el, verdrängen die Einzelprax­en und verhindern die immer wieder propagiert­e Aufwertung des Hausarztes“, sagte ÖHV-Sprecher Geppert. So würden etwa die Nacht- und Wochenendd­ienste erst recht wieder an den Hausärzten hängen bleiben.

Dienstagab­end hat der Hausärztev­erband dazu ein Gutachten vorgelegt, das in Primärvers­orgungszen­tren ein rechtlich nicht mögliches „Zwitterwes­en“zwischen der Versorgung in einer Ordination und in einem Krankenhau­s sieht.

Geppert erläutert das aus Sicht der Patienten so: „In der Arztpraxis wählen Patienten ihren Arzt. In einem Primärvers­orgungszen­trum werden sie naturgemäß auf den jeweils diensthabe­nden Mediziner angewiesen sein. Eine freie Arztwahl gibt es dort nicht, so wie es sie auch in Ambulanzen und bei einem stationäre­n Aufenthalt im Krankenhau­s nicht gibt.“Aus rechtliche­r Sicht seien diese Zentren „Ambulanzen im Hausarztkl­eid“.

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