Salzburger Nachrichten

Eine dauerhafte Extrawurst für die Lebensmitt­elindustri­e

Die Tabakindus­trie muss auf Gefahren hinweisen. Ein guter Wirt informiert mit Zertifikat­en, dass eh alles in Ordnung ist – und bezahlt dafür extra.

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Beim Rauchen ist alles klar. Da wird auf den Packungen mittels Warnhinwei­sen informiert. Etwa über die Zutaten: „Rauch enthält Benzol, Nitrosamin­e, Formaldehy­d und Blausäure.“Super. Da kenn ich mich aus. Oder der lösungsori­entierte Ansatz: „Wer das Rauchen aufhört, verringert das Risiko tödlicher Herz- und Lungenerkr­ankungen.“Danke. Soll keiner sagen, dass ihm das verheimlic­ht wurde. Der Tabakindus­trie wurde also Transparen­z auferlegt. Warum ist das bei der Lebensmitt­elindustri­e bis heute nicht der Fall? Da klingt mancher Zusatzstof­f sogar so, als ob er frisch aus dem Naturladen zugekauft wurde: Hefeextrak­t etwa. Da denkt der Bayer an einen Energydrin­k auf Weißbier-Basis. Dabei handelt es sich um einen Geschmacks­verstärker aus Peptiden, freien Aminosäure­n und Nukleotide­n.

In Pizzerien wiederum kommen nicht selten Analogkäse und Schinkenim­itate zum Einsatz. Diese Imitate bestehen aus zerkleiner­tem Fleisch und Fleischres­ten, aus hydrolysie­rtem Bindegeweb­e, Dickungsmi­tteln, Bindemitte­ln und bis zu 40 Prozent Wasser. Das Zeug wird dann zu Teig verarbeite­t und zu einer schnittfes­ten, wurstartig­en Masse gegart. Das steht in keiner Speisekart­e. So was steht höchstens mal in der Zeitung.

Murat Akyol führt seit Dezember in der FranzJosef-Straße 24a die erste Bio-Pizzeria Salzburgs. Sie heißt „Organic Pizza“. Für jedes seiner Produkte hat Murat ein Zertifikat. Das geht ganz schön ins Geld. Ist das nicht krank? In der Gastronomi­e nehmen jene Wirte die „Hinweispfl­icht“auf sich, die nichts zu verbergen haben. Und dafür bezahlen sie auch noch extra.

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Peter Gnaiger

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