Gewöhne mich nie ans Schießen
Sehr geehrte Herren der Schützenvereine, als Wald- und Wiesenkind in einem kleinen oberösterreichischen Bauerndorf aufgewachsen, weiß ich wohl über Brauchtumspflege Bescheid. Ob die Goldhauben-Stickerei oder das Dirndlgwandl-Nähen. Ob kirchliche oder andere Veranstaltungen – da war jeder und jede am Ort dabei. Und da ich seit gut dreißig Jahren in Salzburg lebe, ebenfalls auf dem Land, hat sich mein Erfahrungsschatz in Sachen Brauchtum um die hiesigen Gepflogenheiten erweitert. Auch das Wissen um den Hintergrund der Schützenvereine.
Egal ob ich selbst Kind war oder mit meinem eigenen Kind bei Brauchtumsveranstaltungen dabei war, es ging mir immer durch Mark und Knochen, wenn geschossen wurde. Als Kind be- sonders, aber auch als Erwachsene. Das ist bis heute so. Ich werde mich nie ans Böllerschießen und dergleichen gewöhnen. Es macht mir Angst. Und ich kann bis heute keinem Kind plausibel erklären, wozu das gut sein soll und warum ich ein Kind diesem Angstzustand aussetze.
Mag sein, dass manchem die Knallerei gefällt. Aber in Anbetracht dessen, was heute überall auf der Welt los ist, kann ich egal welchem Brauch, der (nicht nur) Kinder das Fürchten lehrt, definitiv nichts abgewinnen. Und ganz speziell einem Brauch, der den Umgang mit Waffen pflegt und verherrlicht. Denken Sie an die Waffenverherrlicher in den USA und was dadurch immer wieder passiert. Oder denken Sie bitte an die vielen Kindersoldaten, die zum Gebrauch von Waffen gegen mitunter eigene Ge- schwister und Freunde gezwungen werden. Wenn Ihnen dabei nicht mulmig wird und sich bei Ihnen bei diesem Gedanken nichts rührt, dann vergessen Sie diesen Brief, denn dann verwerfe ich die Hoffnung auf Verständnis dafür, dass Sie einmal, wenigstens dieses eine Mal bei einer kulturübergreifenden Veranstaltung, an der mutmaßlich auch Menschen teilnehmen werden, denen irgendeine relativ aktuelle Kriegshandlung in den Knochen und in der Seele steckt, nicht schießen mögen. Mag. Gabriela Tomitza
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