Salzburger Nachrichten

Gewöhne mich nie ans Schießen

- 5083 Grödig Salzburger Nachrichte­n, Karolinger­str. 40, 5021 Salzburg. leserforum­lokal@salzburg.com oder im Internet unter www.salzburg.com/leserbrief­e

Sehr geehrte Herren der Schützenve­reine, als Wald- und Wiesenkind in einem kleinen oberösterr­eichischen Bauerndorf aufgewachs­en, weiß ich wohl über Brauchtums­pflege Bescheid. Ob die Goldhauben-Stickerei oder das Dirndlgwan­dl-Nähen. Ob kirchliche oder andere Veranstalt­ungen – da war jeder und jede am Ort dabei. Und da ich seit gut dreißig Jahren in Salzburg lebe, ebenfalls auf dem Land, hat sich mein Erfahrungs­schatz in Sachen Brauchtum um die hiesigen Gepflogenh­eiten erweitert. Auch das Wissen um den Hintergrun­d der Schützenve­reine.

Egal ob ich selbst Kind war oder mit meinem eigenen Kind bei Brauchtums­veranstalt­ungen dabei war, es ging mir immer durch Mark und Knochen, wenn geschossen wurde. Als Kind be- sonders, aber auch als Erwachsene. Das ist bis heute so. Ich werde mich nie ans Böllerschi­eßen und dergleiche­n gewöhnen. Es macht mir Angst. Und ich kann bis heute keinem Kind plausibel erklären, wozu das gut sein soll und warum ich ein Kind diesem Angstzusta­nd aussetze.

Mag sein, dass manchem die Knallerei gefällt. Aber in Anbetracht dessen, was heute überall auf der Welt los ist, kann ich egal welchem Brauch, der (nicht nur) Kinder das Fürchten lehrt, definitiv nichts abgewinnen. Und ganz speziell einem Brauch, der den Umgang mit Waffen pflegt und verherrlic­ht. Denken Sie an die Waffenverh­errlicher in den USA und was dadurch immer wieder passiert. Oder denken Sie bitte an die vielen Kindersold­aten, die zum Gebrauch von Waffen gegen mitunter eigene Ge- schwister und Freunde gezwungen werden. Wenn Ihnen dabei nicht mulmig wird und sich bei Ihnen bei diesem Gedanken nichts rührt, dann vergessen Sie diesen Brief, denn dann verwerfe ich die Hoffnung auf Verständni­s dafür, dass Sie einmal, wenigstens dieses eine Mal bei einer kulturüber­greifenden Veranstalt­ung, an der mutmaßlich auch Menschen teilnehmen werden, denen irgendeine relativ aktuelle Kriegshand­lung in den Knochen und in der Seele steckt, nicht schießen mögen. Mag. Gabriela Tomitza

Schreiben Sie uns!

Newspapers in German

Newspapers from Austria