Feuer aus allen Rohren des Actionkinos
Szenenapplaus für eine grandiose Blechoper: Cannes feiert das Spektakel „Mad Max: Fury Road“.
CANNES. Flammenspuckende E-Gitarren, bleiche Armeen, ein degenerierter Herrscher und eine Heldin mit blitzenden Augen: Vor einem begeisterten Publikum aus 2400 Filmkritikerinnen und Filmkritikern aus aller Welt lief Donnerstagvormittag in Cannes ein Actionfilm, der Kategorien sprengt – und der ab Freitag auch in Österreich im Kino ist: Monumental, brutal und hemmungslos albern ist „Mad Max: Fury Road“, der späte Nachzügler von George Millers „Mad Max“-Trilogie um den Ex-Polizisten Max Rockatansky (Mel Gibson), der als einsamer Rächer durch eine Wüstenlandschaft zieht. Diesmal spielt Tom Hardy („The Dark Knight Rises“) Mad Max und bekommt mit Imperator Furiosa (Charlize Theron) eine mindestens ebenbürtige Kämpferin zur Seite.
Die Trilogie ist über dreißig Jahre her und war nie aus einem Guss: Nach Familientragödie und Rachefeldzug im ersten Film von 1979 schwang sich die Fortsetzung 1981 zum dystopisch futuristischen Panorama auf, um im dritten Teil von 1985 mit Tina Turner als Gegenspielerin vom Dreck in den Pop zu wechseln.
Aus alldem hat der inzwischen 70-jährige George Miller nun einen vierten Teil geschmiedet, der Motive wieder aufnimmt und daraus et- was Neues macht, vielleicht sogar etwas nie Dagewesenes: Max trifft in der Wüste auf Furiosa, die mitsamt einem Tanker voll Muttermilch eine wertvolle Fracht aus der Enklave des mächtigen Immortan Joe (Hugh Keays-Byrne) schmuggelt. Es sind fünf junge Frauen (darunter Rosie Huntington-Whiteley und Zoë Kravitz), die Joe als Sexsklavinnen und wandelnde Gebär- mütter dienten. Max wurde von den Gefolgsleuten Joes gefangen genommen und wird von Joes bleichem Schergen Nux (Nicholas Hoult) als lebende Blutkonserve missbraucht bei der Verfolgungsjagd auf die Frauen. Dabei befreit Furiosa Max wider Willen und gemeinsam kommt es zur explosiven Flucht durch die Wüstenlandschaft.
Garniert ist das alles mit spektakulären Stunts, flammenspuckenden Musikinstrumenten und Sechsfachauspuffen, ein aberwitziges, sich selbst von Minute zu Minute übertreffendes Actionspektakel, das fast ohne Dialoge auskommt. Dass dieser atemlose Irrwitz mit der Geschichte der Ermächtigung ehemals versklavter Mädchen einhergeht, hat „Mad Max: Fury Road“den Ruf eines feministischen Films eingetragen. Charlize Theron sagte dazu bei der Pressekonferenz in Cannes: „Ach, manche haben Angst vor dem Begriff Feminismus. George versteht es einfach, eine gute Geschichte zu erzählen.“
George Miller hatte sich nach der „Mad Max“-Trilogie in den 1980erJahren komplett anderen Filmen zugewandt: dem herzzerreißenden Drama „Lorenzos Öl“, dem Drehbuch zu „Ein Schweinchen namens Babe“und dann dem Pinguin-Animationsfilm „Happy Feet“. „Eigentlich wollte ich ja nie wieder einen ,Mad Max‘-Film machen. Aber irgendwie kam mir die Figur nach Jahren wieder in den Sinn“, so Miller in Cannes. Zuerst war dann eine Fortsetzung mit Mel Gibson geplant, doch bis der Film gedreht wurde, vergingen fast 15 Jahre. Gibson wollte nicht mehr, Tom Hardy übernahm und gibt nun den besten Mad Max, der je durch staubige Wüsten bretterte. „Fury Road“ist ein halluzinogener, irrer Trip, der sämtlichen Superlativen gerecht wird und im Actiongenre in vielerlei Hinsicht neue Maßstäbe setzt.
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