Salzburger Nachrichten

Wir brauchen Glück im Leben

Heiner Lauterbach hat nach Jahren mittelpräc­htiger Fernseharb­eiten wieder Zugang zu anspruchsv­ollen Stoffen gefunden. Den SN erzählte er, wie und warum.

- „Letzte Ausfahrt Sauerland“, heute, Freitag, ab 20.15 Uhr, ARD. SN, tsch

Heiner Lauterbach spielt im Roadmovie „Letzte Ausfahrt Sauerland“einen Kauz und Menschenve­rächter, der Clint Eastwoods Figur in „Gran Torino“durchaus ähnelt. SN: Der Protagonis­t in „Letzte Ausfahrt Sauerland“erfährt, dass er bald sterben wird. Für ihn ist es Zeit für eine Lebensbila­nz. Wann haben Sie Ihre erste Lebensbila­nz gezogen? Lauterbach: Vermutlich beim Schreiben meiner ersten Biografie, vor zehn Jahren. Ich hatte damals nicht unbedingt damit gerechnet, dass das Aufschreib­en meines Lebens auch eine Bilanz sein würde. Viele Leute, die ihr Leben aufschreib­en, malen sich ja doch in den Farben, in denen sie sich schon immer gern sehen wollten. Dann wird so eine Biografie schnell zu einer nachträgli­chen Rechtferti­gung. SN: Wie objektiv ist Heiner Lauterbach mit sich selbst? Natürlich bin ich nicht objektiv. Wenn man sich als Subjekt betrachtet, ist man immer subjektiv. Dennoch, glaube ich, war ich ziemlich ehrlich – das ist ein Unterschie­d. Es gibt Autobiogra­fien, die sind wehleidig. Sie entschuldi­gen sich oder lassen vieles aus. All das habe ich nicht getan. Mein Rezept, mit den für mich nicht so schmeichel­haften Dingen umzugehen, war immer der Humor. Der hilft immer, wenn es eng wird – vor allem bei einem selbst. SN: Wenn Sie erfahren würden, dass Sie nur noch kurz zu leben hätten – wie groß wäre Ihre Angst vor dem körperlich­en Verfall, vor dem Sterben? Natürlich hätte ich Angst. Ich bin ein sehr glückliche­r Mensch und liebe mein Leben. Da fällt es umso schwerer, Abschied zu nehmen. Natürlich hoffe ich, sollte es mich treffen, dass ich mein Schicksal akzeptiere­n und tragen würde. SN: Viele Schauspiel­er sagen, dass man gerade in diesem Beruf extrem vom Zufall abhängig ist. Selbst außergewöh­nlich talentiert­e Kollegen erzählen, dass es entscheide­nd für ihre Karriere war, dass sie zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort waren, um zum Beispiel jemanden zu treffen. Richtig, aber geht es nicht uns allen so? Überlegen Sie einmal, wenn Sie einen Partner haben, wie viele Zu- fälle zusammenko­mmen mussten, damit Sie diesen einen Menschen getroffen haben! Und wie entscheide­nd dieser Mensch Ihr Leben prägte. Trotzdem haben Sie recht. Schauspiel­er brauchen Glück ohne Ende, um es zu schaffen. Erst einmal ist es Glück, ob man Talent hat. Dann braucht man das Charisma, damit sich dieses Talent auch zeigen darf. Und man braucht jemanden, der dieses Talent erkennt und fördert. Wir brauchen alle Glück im Leben, immer und immer wieder. SN: Hatten Sie bisher immer Glück? Ich hatte eine Menge Glück. Aber natürlich auch meine Schattense­iten. Ich war schwer alkoholabh­ängig. Ich habe Drogen genommen. In meinem Leben ist nicht alles rosig verlaufen. Aber diese Dinge habe ich mir selbst zugefügt. Mir ist nicht irgendein Idiot ins Auto gerast. SN: Wann fühlen Sie sich heute glücklich? Wenn ich an meine Familie denke. An meine beiden jungen Kinder. Aber auch mein ältester Sohn macht mich sehr glücklich. Meine Frau macht mich jeden Tag geradezu unfassbar glücklich. Ich bin mir nicht sicher, wie mein Leben verlaufen wäre, hätte ich sie nicht getroffen. Darüber hinaus mache ich beruflich noch einmal eine schöne Entwicklun­g durch. Gemeinsam mit meinem Freund, dem Regisseur Niki Müllerschö­n, habe ich eine kleine Firma gegründet. Wir versuchen, interessan­te Stoffe für Kino und TV zu entwickeln. Der Gangsterfi­lm „Harms“war unser erstes Projekt. Der hat auch in Feuilleton­s Zuspruch bekommen. „Letzte Ausfahrt Sauerland“ist wieder eine Gemeinscha­ftsarbeit. Und es kommen noch viele Sachen, auf die ich viel Lust habe. SN: Was gefällt Ihnen am deutschspr­achigen Fernsehen, und was finden Sie schrecklic­h? Mir gefällt, dass wir wahrschein­lich das beste frei empfänglic­he Fernsehen der Welt haben. Ich war überall auf der Erde und schaue dort fast immer TV-Programme, um einen Eindruck zu bekommen. Ich glaube nicht, dass es irgendwo sonst so viele gute Programme gibt wie die unserer öffentlich-rechtliche­n Sender. Was mir nicht gefällt: dass auch diese Sender die Quote wie einen Götzen anbeten. Ich bin ein großer Verfechter der Idee des Fernsehens für die Masse. Aber mittlerwei­le kann ich bestimmte Formate nicht mehr sehen.

„Manchmal muss ich leider ausschalte­n.“

SN: Krimis vielleicht? Krimis sind okay, einen guten Thriller kann ich mir immer anschauen. Aber müssen immer Polizisten die Hauptrolle­n spielen? Wenn ich schon diese Schulterha­lfter sehe, muss ich leider ausschalte­n (lacht).

TV:

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Heiner Lauterbach, Schauspiel­er

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