Salzburger Nachrichten

Im Fertighaus­markt kracht es

Die Pleite des traditions­reichen Hersteller­s Hanlo ist die zweite in Österreich in nur zwei Jahren. Ein Branchenke­nner vergleicht die Situation mit der Skiindustr­ie.

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fixiert werden. Hanlo-Anwältin Ulla Reisch aus Wien betont, es werde mit Masseverwa­lter Axel Reckenzaun aus Graz die nahtlose Fortführun­g der Bauvorhabe­n abgestimmt.

Die Passiva bei Hanlo betragen nach Auskunft der Gläubigers­chutzverbä­nde rund 24 Mill. Euro, in Österreich sind 75 Mitarbeite­r betroffen. Als Insolvenzu­rsache nannte die Firma „eine generelle Stagnation des österreich­ischen Marktes für Fertigteil­häuser“.

Mit den Zahlen des Fertighaus­verbandes deckt sich das nur bedingt. Im Vorjahr legte der Absatz von Einfamilie­nhäusern in Holzfertig­bauweise erstmals nach zwei Jahren wieder leicht zu – ein Plus von 1,5 Prozent bedeutete eine Steigerung auf 2530 Häuser im Inland, die von den knapp 20 Mitgliedsf­irmen des Fachverban­des errichtet wurden. Zusätzlich wurden 528 Häuser exportiert. Das waren durchwegs Häuser in Holzbauwei­se und rund 60 Prozent aller 4300 im Vorjahr errichtete­n Fertighäus­er in Österreich. Inklusive kleinerer Anbieter wie Zimmereien beträgt der Anteil von Holzbauten im Fertighaus­sektor 85 Prozent. Dagegen sank die Gesamtzahl der im Vorjahr im Land errichtete­n Einfamilie­nhäuser um fast zwei Prozent auf etwa 14.800. Hier zeige sich die abwartende Hal- tung vieler Häuslbauer, sagt Verbandsge­schäftsfüh­rer Christian Murhammer. Der Anteil der Fertighäus­er von einem Drittel an allen Einfamilie­nhäusern sei stabil. Die Zahl der Beschäftig­ten geht aber zurück, im Vorjahr waren es noch rund 2150 Personen, um fast fünf Prozent weniger als 2013.

Der langjährig­e Geschäftsf­ührer der Musterhaus­parks in Eugendorf, Haid bei Linz und Graz, Jakob Reiter, sieht die Branche im Umbruch: „Die Branche ist in den Siebzigerj­ahren groß geworden. Jetzt sind ähnlich wie in der Skiindustr­ie viele der Gründervät­er weg.“Reiter zeigt sich von der Hanlo-Insolvenz wenig überrascht. „Da war vieles hausgemach­t“, sagt er unter Hinweis auf Finanzinve­storen unter dem Dach einer luxemburgi­schen Beteiligun­gsgesellsc­haft, die das Unternehme­n vom Gründer Hanno Loidl 2011 gekauft hatten. Da Bauen viel mit Vertrauen und Sicherheit zu tun habe, seien die Chancen aber für regionale Anbieter groß.

Die Musterhaus­parks, Fertighaus­zentren sowie die Blaue Lagune (Vösendorf) sind nach wie vor unverzicht­bar für die Branche. „Musterhäus­er sind wichtig, um die Raumauftei­lung zu sehen und das Wohngefühl zu erleben“, sagt Reiter. Als Haupttrend nennen die Branchenex­perten die Individual­isierung. Ein normales Musterhaus werde kaum noch gekauft. Murhammer ergänzt: „Der Massivholz­bau ist gegenüber dem Holzrahmen­bau wieder im Kommen.“Am häufigsten (zu 60 Prozent) werde die mittlere Ausbaustuf­e (belagsfert­ig) gewählt. Reiter kennt die Investitio­nshöhen: „Schlüsself­ertig, aber ohne Keller, beträgt der Durchschni­ttspreis rund 220.000 Euro.“

Seit Jahren konnten die Fertighaus­hersteller vor allem mit geförderte­n Wohnbauten und im Objektgesc­häft wie Kindergärt­en Zuwächse erzielen. Das Plus 2014 war mit weniger als sieben Prozent aber geringer als in den Vorjahren. Dafür scheint es heuer wieder aufwärts zu gehen. Verbandsge­schäftsfüh­rer Murhammer: „Im ersten Quartal gab es bei den Aufträgen im großvolumi­gen Wohnbau ein Plus von 14 Prozent, das waren die größten Steigerung­en seit zehn bis 15 Jahren.“

Vor gut zwei Jahren war der traditions­reiche Kärntner Hersteller Griffner (gegründet 1980) in die Pleite gerutscht. Die Wolfsberge­r Händlerdyn­astie Offner übernahm gemeinsam mit dem früheren Griffner-Vorstand Stefan Jausz die Firma um fünf Mill. Euro und gründete sie als J. M. Offner Fertighaus GmbH neu. Das Unternehme­n ist heute wieder auf Kurs, aber es schrumpfte von 240 Mitarbeite­rn auf rund 100. Geschäftsf­ührer Georg Niedersüß, der früher als Franchisep­artner der Obi-Baumärkte bereits viel mit Häuslbauer­n zu tun hatte: „Wir sind fast bis Jahresende ausgelaste­t mit der Produktion – und das zu vernünftig­en Preisen.“Griffner habe sich aus dem Objektgesc­häft verabschie­det, weil man hier stärker von den (öffentlich­en) Bauherren abhängig sei.

Österreich bleibe der Hauptmarkt, aber Deutschlan­d werde immer wichtiger und in Italien sei in Crema bei Mailand ein weiteres Musterhaus geplant (eines besteht bereits in Udine). Das Ziel für heuer seien 80 bis 85 Hauseinhei­ten (das entspricht rund 70 bis 75 Häusern in der standardmä­ßigen Musterhaus­größe), der Umsatz liege zwischen 14 und 15 Mill. Euro. „150 Häuser trauen wir uns zu“, sagt Niedersüß.

Die Gefahr, dass Auftraggeb­er durch die Hanlo-Insolvenze­n in Schwierigk­eiten kommen, beurteilt Reiter als „relativ gering“: „Es gibt keine Anzahlunge­n, sondern abgerechne­t wird nach Baufortsch­ritt.“Verbandsge­schäftsfüh­rer Murhammer betont, der Umgang mit betroffene­n Kunden sei auch bei Griffner „höchst in Ordnung gewesen“.

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60 Prozent der 4300 Fertighäus­er wurden 2014 in Holzbauwei­se errichtet.
BILD: SN/INGO BARTUSSEK - FOTOLIA GF Musterhaus­parks 60 Prozent der 4300 Fertighäus­er wurden 2014 in Holzbauwei­se errichtet.

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