Salzburger Nachrichten

Zehnjährig­e darf nicht abtreiben

In Südamerika sorgen Mädchensch­wangerscha­ften nach Vergewalti­gungen für heftige Debatten. Einem Mädchen verweigert der Staat den Abbruch, das andere verweigert die Abtreibung.

- Paraguays Gesundheit­sminister SN, dpa

Der Fall eines zehnjährig­en Vergewalti­gungsopfer­s hat in Paraguay heftige Debatten um das Abtreibung­sverbot im Land ausgelöst. Die Regierung in Asunción hatte dem Mädchen den gewünschte­n Abbruch seiner Schwangers­chaft verweigert, als es in der 23. Schwangers­chaftswoch­e in ein Kinderkran­kenhaus kam. Die Gesetze in Paraguay erlauben eine Abtreibung bis zur 20. Schwangers­chaftswoch­e, aber nur, wenn das Leben der Mutter in Gefahr ist. Vergewalti­gung ist kein Abtreibung­sgrund. UNO-Menschenre­chtsexpert­en fordern die Regierung auf, die Gesundheit des Mädchens in den Vordergrun­d zu stellen.

„Die Entscheidu­ng der paraguayis­chen Regierung ist ein Verstoß gegen das Recht auf Leben und Gesundheit des Mädchens“, warnten die UNO-Experten. Nach Angaben der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) sind Kinderschw­angerschaf­ten extrem gefährlich für das Leben der Mutter und das des Fötus. Die Körper junger Mädchen seien für eine Schwangers­chaft noch nicht genug entwickelt.

„Ein Abbruch ist in diesem Fall ausgeschlo­ssen“, teilte Gesundheit­sminister Antonio Barrios mit. Demnach verursacht die Schwangers­chaft dem Mädchen zurzeit keine gesundheit­lichen Probleme.

Das Mädchen wog vor der Schwangers­chaft gerade einmal 34 Kilogramm. Die Mutter hatte ihre Tochter am 21. April zunächst mit dem Verdacht auf einen Tumor in ein Kinderkran­kenhaus gebracht, wie aus einer Petition von Amnesty Internatio­nal vom 28. April hervorging. Derzeit befindet sie sich in der Obhut des Roten Kreuzes und wird von einem Ärzteteam betreut. Nach eigenen Angaben war das Mädchen wiederholt von seinem Stiefvater vergewalti­gt worden.

Der 42-Jährige sitzt in Haft. Er bestreitet die Anschuldig­ungen. „Ich war mit unzähligen Frauen zusammen und habe noch keine geschwänge­rt“, sagte er nach Anga- ben des Nachrichte­nportals Univision. Die Mutter des Mädchens wurde wegen mutmaßlich­er Beihilfe zur Vergewalti­gung ebenfalls festgenomm­en.

Vor dem geplanten Papstbesuc­h im Juli steht die paraguayis­che Regierung in der Abtreibung­sdebatte nun doppelt unter Druck: von der starken Stellung der katholisch­en Kirche im Land einerseits und anderersei­ts von internatio­nalen Kritikern. Diese Woche kam es zu Protesten in Asunción. Die Demonstran­ten forderten unter anderem die Erlaubnis zur Abtreibung für das Mädchen und längere Haftstrafe­n für Vergewalti­ger. Amtlichen Statistike­n zufolge ist sexueller Missbrauch einer der häufigsten Gründe, warum so viele Minderjähr­ige in Paraguay schwanger werden. Nach UNICEF-Angaben bringen in dem Land jeden Tag zwei Mädchen im Alter von zehn bis 14 Jahren ein Kind zur Welt.

Auch in Uruguay sorgt derzeit eine Mädchensch­wangerscha­ft für Schlagzeil­en. Dort verweigert eine Elfjährige, die vom Großvater ihrer Halbschwes­ter geschwänge­rt wurde, die Abtreibung, zu der sie ihre Eltern drängen. Das Mädchen ist unterdesse­n in der 17. Schwangers­chaftswoch­e. Abtreibung ist in Paraguay bis zur zwölften und nach einer Vergewalti­gung bis zur 14. Woche erlaubt. Sollte die Gesundheit der laut Ärzten geistig leicht zurückgebl­iebenen Elfjährige­n in Gefahr sein, ist auch eine spätere Abtreibung möglich. Da das Mädchen nach Angaben des Kinderkran­kenhauses in Montevideo, in dem es seit einigen Wochen zur Beobachtun­g ist, „völlig gesund“sei, hätte die Behörde keine rechtliche Handhabe.

„Ein Abbruch ist in diesem Fall ausgeschlo­ssen.“

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