Jetzt muss die Vernunft siegen
Anna Fenninger verließ das Trainingslager der Skidamen auf Zypern. Nächste Woche kommt es zum Krisengipfel mit dem ÖSV.
SALZBURG. Selten zuvor, in dieser Dimension wohl zuletzt 2001 nach Hermann Maiers Motorradunfall, gehörten dem Skisport im Sommer unfreiwillig aktuell die Schlagzeilen in Österreich. Unfreiwillig, weil ein E-Mail von Anna Fenninger an den ÖSV durch Indiskretion an die Öffentlichkeit gelangt war. Die Salzburgerin droht darin mit ihrem Rücktritt, sollte der Verband unter anderem darauf beharren, dass sie sich von ihrem Manager Klaus Kärcher trennt.
Wer kann Interesse daran haben, solche Informationen öffentlich zu machen? Der ÖSV, um zu zeigen, dass man unter Druck gesetzt wird? Oder Fenningers Manager, um zu zeigen, dass sie sich nichts mehr gefallen lassen würde? Auf jeden Fall ist diese Indiskretion ein massiver Vertrauensbruch gegenüber Fenninger. Reine Spekulation ist die Suche nach dem Maulwurf. Tatsache ist, dass es in diesem Machtkampf, bei dem es rein um Eitelkeiten und Geld geht, keinen Sieger, dafür aber mit Österreichs bester Skifahrerin nur eine Verliererin geben kann.
Aus diesem Grund ist die 25-Jährige auch vom Trainingscamp des rot-weiß-roten Teams auf Zypern geflüchtet, um sich quälende Fragen von Journalisten zu ersparen. Sie wolle die Infrastruktur des ÖSV nicht mehr nutzen, hieß es zuerst. Danach wurde vom Verband ver- lautbart, und zumindest da dürfte man sich einig gewesen sein, „dass Anna in gegenseitigem Einvernehmen abgereist ist“.
Auch die Olympiasiegerin, zweifache Weltmeisterin und Gesamtweltcupsiegerin selbst war bemüht, eine weitere Eskalation zu vermeiden: „Ich habe mich gewundert, dass mein E-Mail mit vertraulichem Inhalt plötzlich in der Öffentlichkeit landet. Ich bedauere das sehr und bitte meine Fans und die Medien um Verständnis, dass ich die ungeplante Öffentlichkeit jetzt nicht auch noch mit weiteren Kommentierungen vergrößern will“, schrieb sie auf Facebook und Twitter. Das soll vorerst auch ihre letzte Wortspende gewesen sein.
Damen-Cheftrainer Jürgen Kriechbaum sprach dafür den Sport- und Skifans aus der Seele: „Ich hoffe, dass alle zur Vernunft kommen.“Gelingt das nicht, droht der sportliche Super-GAU und Anna Fenninger könnte mit nur 25 Jahren auf dem Höhepunkt ihre Karriere beenden. Wie ÖSV-Sportdirektor Hans Pum mitteilte, soll es in der kommenden Woche noch einmal ein Gespräch mit Fenninger geben. Sogar Sportminister Gerald Klug könnte zum Mediator werden. Er kündigte an, mit Fenninger und ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel zu reden. In den sozialen Netzwerken erhält Fenninger großen Zuspruch. Der Streit spaltet aber auch die Ski-Nation (siehe rechts).