EU setzt auf das Prinzip Vorsicht
Nach Russlands Aggression in der Ukraine hat die Europäische Union auf Zurückhaltung umgeschaltet. Der Gipfel von Riga wurde zum diplomatischen Drahtseilakt: Die EU betont die Partnerschaft mit den östlichen Nachbarstaaten, aber eine konkrete Beitrittsperspektive bietet sie den nach Westen wollenden Ländern Ukraine, Georgien und Moldau nicht.
Zu viel Rücksichtnahme auf Russland, weil man neuen Ärger vermeiden will? Eher ein neuer Realismus. Die östlichen Nachbarstaaten sind wegen der inneren Zustände derzeit weit weg von einem EU-BeitrittskandidatenStatus. In der Union gehen die Meinungen darüber, was man den Nachbarn im Osten anbieten soll, auseinander. Bei den EU-Mitgliedern ist die Neigung zu einer weiteren Erweiterung wenig ausgeprägt. Die EU ist daher darauf bedacht, in ihrer Ostpolitik die Einheit zu bewahren, auch wenn das Ausbleiben konkreter Schritte die Ostpartner enttäuschen dürfte.
Und der politische Gewinner ist . . . Moskau? Keineswegs. Via Assoziierungsabkommen, mit Handel und politischer Zusammenarbeit, bindet Brüssel die Ukraine, Georgien und Moldau weiterhin an den Westen. Sogar Armenien, das sich aus Angst vor Aserbaidschan und wegen der Abhängigkeit von Russland der vom Kreml forcierten Eurasischen Union angeschlossen hat, verhandelt jetzt mit Brüssel darüber, welche Punkte des Assoziierungsabkommens mit der EU dennoch umgesetzt werden können.
Aussichten auf Zugehörigkeit zur EU oder gar zur NATO hat im Moment keines der sechs Länder der Östlichen Partnerschaft. Davon war aber auch vor der Ukraine-Krise – trotz zeitweiligen Vorpreschens der USA – in Brüssel nicht ernsthaft die Rede. Unterm Strich, in strategischer Sicht, hat Moskaus Macht-, Muskel- und Militärspiel somit wenig gebracht.