Salzburger Nachrichten

Im Osten nichts Neues

Beim Gipfel in Riga kam kein frischer Wind in die Beziehung zwischen der EU und den östlichen Nachbarlän­dern. Trotzdem sprachen alle von einem erfolgreic­hen Treffen – zumindest offiziell.

- Donald Tusk, EU-Ratspräsid­ent

„Wenn Russland etwas weicher, etwas charmanter und attraktive­r wäre . . .“

Zufriedene Worte in der Lettischen Nationalbi­bliothek, die am Freitag Schauplatz des Gipfels der östlichen Partnersch­aft war: „Sehr harmonisch“seien die Gespräche gewesen, sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Ein „starkes Bekenntnis“zur östlichen Partnersch­aft habe man gegeben, meinte EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk. Auch Österreich­s Kanzler Werner Faymann zog eine positive Bilanz, „auch wenn wir keine Geschenkkö­rbe mithaben“.

Geschenke hatten sich die östlichen Partnerlän­der nicht erwartet, wohl aber verbindlic­here Zusagen, als sie die Abschlusse­rklärung hergibt. Etwa zur Visafreihe­it für die Ukraine und Georgien. Es wurde nur „die klare Perspektiv­e“, dass die Kommission Ende des Jahres prüfen wird, ob die beiden Länder die notwendige­n Kriterien erfüllen. Als Positivbei­spiel wurde Moldau genannt, das die Visafreihe­it seit rund einem Jahr hat. 500.000 Menschen haben davon Gebrauch gemacht.

Auch eine Beitrittsp­erspektive gab es wie erwartet nicht. EU-Parlaments­präsident Martin Schulz hielt diese Debatte ohnehin für verfehlt. Man dürfe diese Perspektiv­e zwar nicht kategorisc­h ausschließ­en, die Prioritäte­n seien derzeit aber andere. In der Ukraine etwa gehe es nicht um Beitritt, sondern darum, „wie das Land ökonomisch wieder auf die Beine kommt“. Schulz sprach sich für mehr Investitio­nen aus, zusätzlich­e Finanzhilf­en im Ausmaß von 1,8 Mrd. Euro hat die EU erst am Freitag angekündig­t.

Angekündig­t wurde auch, die Nachbarsch­aftspoliti­k in Zukunft weiter zu differenzi­eren. Ein Konzept passt nicht auf sechs verschiede­ne Länder, vor allem wenn sie unterschie­dliche Interessen haben. Die Ukraine, Georgien und Moldau wollen starke Beziehunge­n zur EU. Aserbaidsc­han, Armenien und Weißrussla­nd sind auch an einer Partnersch­aft mit Russland interessie­rt, beispielsw­eise im Rahmen der Eurasische­n Union.

Russland warnte am Freitag die EU erneut davor, die Ex-Sowjetrepu­bliken vor eine Wahl zwischen Brüssel und Moskau zu stellen. Von der wollte beim Gipfel freilich nie- mand sprechen. Vielmehr unterstric­h man die „territoria­le Integrität“der Staaten und die Freiwillig­keit der Zusammenar­beit. Ratspräsid­ent Tusk hatte am Vorabend betont, die östliche Partnersch­aft sei „kein Schönheits­wettbewerb zwischen Russland und der EU“. Aber: „Wenn Russland etwas weicher, charmanter, attraktive­r wäre, müsste es seine Unzulängli­chkeiten vielleicht nicht mit destruktiv­em, aggressive­n und schikanier­enden Taktiken gegenüber seinen Nachbarn kompensier­en.“

Ein Seitenhieb, der nicht der einzige blieb bei diesem Gipfel, auch wenn die anderen sich nicht gegen Russland richteten. Österreich­s Kanzler schoss scharf gegen David Cameron, der in Riga erstmals seine EU-Reformgesp­räche in Gang bringen wollte. Bei ihm habe er dafür noch nicht geworben, erklärte Faymann, der sich dezidiert gegen Spezialreg­elungen für einzelne Länder aussprach. „Wir sind ja nicht die Gemeinscha­ft der Rosinenpic­ker.“Eine Vertragsän­derung schloss er aus.

Ausgeteilt hat gleich zu Beginn des Gipfels am Freitag auch Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker (Luxemburg). Er begrüßte den ungarische­n Premier Viktor Orbán mit: „Hallo, Diktator“. Der antwortete: „Hallo, Großherzog“.

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