Salzburger Nachrichten

Asyl: Was der Staat ausgibt

Im Innenminis­terium stellt man sich darauf ein, dass sich mit dem Flüchtling­sstrom die Kosten für die Grundverso­rgung der Asylbewerb­er heuer annähernd verdoppeln werden.

- I.b.

Österreich wird heuer für die Betreuung der Asylsuchen­den wesentlich tiefer in die Tasche greifen müssen. Im vergangene­n Jahr haben Bund und Länder – bei etwa 28.000 neuen Asylbewerb­ern – rund 233 Millionen Euro allein für die Grundverso­rgung ausgegeben (140 Mill. Euro der Bund, 93 Mill. Euro die Länder). Sollte der Strom an Asylsuchen­den anhalten, rechne man heuer mit 50.000 neuen Anträgen und damit annähernd mit einer Verdoppelu­ng der Kosten für die Grundverso­rgung, heißt es im Innenminis­terium.

Mit Grundverso­rgung ist der Betrag gemeint, den Bund und Länder für Beherbergu­ng, Verköstigu­ng und Taschengel­d der Asylbewerb­er ausgeben, bis das Verfahren entschiede­n ist. Bei einem Erwachsene­n sind das (seit der bisher einzigen Erhöhung um zwei Euro vor drei Jahren) in Summe maximal 19 Euro, bei einem unbegleite­ten Minderjähr­igen höchstens 77 Euro pro Tag.

Kostendeck­end war das schon bisher nicht, worauf die Organisati­onen, die für den Staat die Betreuung übernehmen, auch regelmäßig hinweisen. Klaus Schwertner von der Caritas Wien nennt ein Beispiel: „Pro Wohngemein­schaft für unbegleite­te minderjähr­ige Flüchtling­e müssen wir 50.000 bis 70.000 Euro jährlich aus Spendengel­d drauflegen.“Alle NGO stünden unterdesse­n mit dem Rücken zur Wand, sagt er. Zum Glück gebe es viele Freiwillig­e, die sich mit den Asylbewerb­ern beschäftig­ten – und mit ihnen Deutsch lernten. Auch hier habe das, was der Staat biete, schon bisher nicht gereicht. „Es gibt einen Riesenbeda­rf an Deutschkur­sen. Und wenn nicht jetzt schon viele aus Spenden finanziert würden, wäre er noch größer.“

Vor einem Jahr waren rund 23.000 Asylbewerb­er in Grundverso­rgung, derzeit sind es mehr als 35.000. Die durchschni­ttliche Grundverso­rgungsdaue­r, in der für die Asylbewerb­er Arbeitsver­bot gilt, beziffert das Innenresso­rt mit 523 Tagen (rund 1,4 Jahre). Während dieser Zeit kommen Bund und Länder auch für die Krankenver­sicherung auf: Sie macht pro Asylbewerb­er und Monat rund 80 Euro aus.

Um den Zustrom an Asylsuchen­den – die meisten kommen aus dem Bürgerkrie­gsland Syrien – zu bewältigen, wird es jedenfalls mehr Personal in den – bald sieben – Erstaufnah­mestellen brauchen. Und in den Bundesämte­rn für Asyl und Fremdenwes­en (BAF). Dort arbeiten unterdesse­n 756 Personen (gestartet waren sie 2014 mit 555); 2016 kommen 125 weitere Planstelle­n dazu, aus einer Kooperatio­n mit dem Verteidigu­ngsministe­rium erhofft sich das Innenresso­rt zusätzlich 25 bis 35 Mitarbeite­r. 3,6 Millionen Euro wendeten die Bundesämte­r im vergangene­n Jahr für Dolmetsche­rleistunge­n im Rahmen der Asylverfah­ren auf.

Noch überhaupt keinen Plan gibt es, wie es für die Asylbewerb­er wei- tergeht, wenn sie als Flüchtling­e anerkannt werden. Bei Syrern geht das nach Angaben der Caritas derzeit relativ rasch – im Schnitt nach vier bis fünf Monaten. An der Ausbildung und am Willen, sich selbst zu erhalten, scheitere es bei ihnen nicht, betont Schwertner. Aber: „Wo sind die Deutschkur­sangebote für sie, wie werden sie integriert, wo gibt es bezahlbare­n Wohnraum?“

Die Folgen dieser Planlosigk­eit bekommen derzeit die Sozialämte­r zu spüren. Bereits vor Wochen wiesen einige Sozialland­esräte darauf hin, dass die Schar der anerkannte­n Flüchtling­e, die Mindestsic­herung beziehen, wachse. Und dass das Geld wesentlich besser in Deutschkur­se und Integratio­nshilfen investiert wäre.

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BILD: SN/APA/FOTOKERSCH­I.AT In den vergangene­n Monaten wurden 12.000 zusätzlich­e Plätze für Asylsuchen­de geschaffen, Hunderte davon seit Mitte Mai in Zelten.

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