Salzburger Nachrichten

Ein Leiberl für den Beruf

Quer durch alle Branchen sind die Mitarbeite­r zu Markenträg­ern der Unternehme­n geworden. Doch angezogen wird nicht mehr alles.

- Gernot Gaiswinkle­r, Reindl

SALZBURG. Wenn die Austrian Airlines ihr Flugperson­al neu einkleiden, sind viele auf eines neugierig: Bleiben die Strümpfe rot oder nicht? Die Antwort lautet: Das dürfen die Stewardess­en in einer Abstimmung nun selbst entscheide­n. Das knallrote blickdicht­e Beinkleid ist offenbar nicht nur ein Aufreger unter den Passagiere­n.

Der Stellenwer­t von Berufsbekl­eidung ist branchenüb­ergreifend gestiegen. War sie einst nur auf Funktional­ität ausgericht­et und oft – das muss man sagen – eher hässlich, darf und soll sie nun auch chic und modern sein. „Die Mitarbeite­r ziehen nicht mehr alles an, was sie vorgesetzt bekommen“, sagt Andreas Toferer aus Eben im Pongau. Rund vier Mill. Euro Umsatz macht Toferer Textil im Jahr, Schwerpunk­t ist die Ausstattun­g von Mitarbeite­rn im alpinen Tourismus. Für das Serviceper­sonal hat der Salzburger das Zipp-off-Dirndl erfunden: Rock und Oberteil können getrennt kombiniert werden. Jüngste Kreation ist das Skidirndl, das nicht mit Blümchen, sondern kleinen Skifahrern verzückt. „Die Mitarbeite­r wollen nicht wie Litfaßsäul­en durch die Gegend rennen“, sagt Toferer, „das muss heute feiner rüberkomme­n.“

Firmenlogo­s auf der Kleidung der Arbeitnehm­er aber sind allgegenwä­rtig geworden. Quer durch alle Branchen – ob beim Zahnarzt oder im Supermarkt – wird das Personal mit „Corporate Wear“zum Markenträg­er des Arbeitgebe­rs. Der Markt für Berufsbekl­eidung boomt. Die in Österreich auf dieses Segment spezialisi­erte Bekleidung­sindustrie erzielte im Vorjahr einen Umsatz von rund 175 Mill. Euro. Rund 1000 Beschäftig­te arbeiten in der Branche.

Zu den größten Erzeugern zählt seit 40 Jahren die Firma Reindl in St. Willibald bei Schärding. 1,5 Millionen Teile pro Jahr verkauft der Textilprod­uzent, am Standort in Österreich mit 95 Mitarbeite­rn entstehen vor allem Kleinserie­n. „Wir fertigen Berufsbekl­eidung ab zwei Stück“, sagt Marketingc­hef Gernot Gaiswinkle­r. Größte Herausford­erung sei es, den richtigen Schnitt zu finden, der möglichst vielen Menschen passt. Denn Körper ist nicht gleich Körper – und auch nicht gestern wie heute derselbe. „Historisch betrachtet sind die Menschen größer und dicker geworden“, sagt Gaiswinkle­r. Die Schnitte müssten deshalb immer wieder optimiert werden. Wobei Männer – „aus unserer jahrzehnte­langen Erfahrung“– mehr zugelegt hätten als Frauen.

Am dynamischs­ten entwickelt sich mit der ständigen Änderung von Normen der Markt für Schutzbekl­eidung. In Stückzahle­n am meisten zugelegt haben zuletzt die mit Firmenlogo­s verzierten T-Shirts und Polos. Die Preise seien in die- sem Bereich jedoch am Boden, „da sind wir im Billigsekt­or bei niedrigen, einstellig­en Eurobeträg­en angelangt, das ist schon ethisch bedenklich“, sagt Gaiswinkle­r. Er fände es wünschensw­ert, würden Firmen hier mehr nachdenken, anstatt nur auf den Preis zu achten.

Keinen Kostenbeit­rag müssen im Regelfall die Mitarbeite­r für ihre Berufsbekl­eidung leisten. „Wenn der Arbeitgebe­r mich einkleidet, wie er das will, muss er das auch zahlen“, sagt Georg Schürer vom AK-Arbeitnehm­erschutz. Bei der Reinigung können Beschäftig­te, die von ihrer Firma eingekleid­et werden, jedoch in die Verantwort­ung genommen werden. Die rund 30.000 Mitarbeite­r in den Spar- und IntersparM­ärkten etwa machen ihr Outfit selbst sauber. In Krankenhäu­sern und im Pflegebere­ich dominieren mittlerwei­le Mietwäsche­modelle: Die frische Kleidung wird angeliefer­t, die schmutzige abgeholt.

Nicht erlaubt ist es, die praktische Goretex-Jacke aus der Arbeit auch privat zu tragen. „Kontrollie­ren kann ich das aber schwer“, sagt Post-Sprecher Michael Homola. Der Briefträge­r in blauer Uniform mit Kappe ist längst Geschichte. Heute sind die 9000 Zusteller in SchwarzGel­b unterwegs, „der Farbe von Thurn & Taxis, den Begründern des europäisch­en Postwesens“, klärt Homola auf. Bunter wird auch das Bankwesen. Die Bank Austria peppt derzeit im Zuge der Neugestalt­ung der Filialen das Business-Outfit ihrer Mitarbeite­r mit roten Krawatten und Tüchern auf.

„Bei den T-Shirts und Polos sind die Preise am Boden.“

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BILD: SN/APA/HERBERT NEUBAUER Das AUA-Rot ist Geschmacks­ache, vor allem am Bein.
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BILD: SN/POST Früher in Blau, heute gelb-schwarz: die 9000 Zusteller der Post.

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