Ist Bares noch Wahres? Und was heißt heute schon vertraulich?
Finanzminister vertrauen einander nicht mehr, in der EZB hadert man mit der Vertraulichkeit und das Vertrauen in Bargeld sinkt.
Ausgerechnet die Schweden. Vor 354 Jahren waren sie es, die erstmals Papiergeld, wie wir es heute kennen, in Europa in Umlauf brachten. Die Stockholms Banco des Johan Palmstruch gab Banknoten heraus, die angeblich zur Gänze durch Gold abgesichert waren. Das war dann doch nicht so, wie sich herausstellte, als die Besitzer der Banknoten den Gegenwert in Gold einforderten. Die private Bank mit dem Monopol zur Banknotenausgabe wurde durch Verstaatlichung vor der Pleite gerettet, daraus entstand die heutige Schwedische Reichsbank.
Die Schweden können für sich in Anspruch nehmen, beim Einführen von Bargeld Vorreiter gewesen zu sein. Das wollen sie wieder sein, drehen aber den Spieß um und wollen das Bargeld abschaffen. Noch ist es nicht so weit, aber Münzen und Banknoten sind auf dem Rückzug – für die Schweden ist das Bare nicht mehr das Wahre. Oder anders gesagt: Der (Geld)-Schein bestimmt dort nicht mehr das Sein.
Apropos Notenbanken. Die haben mit dem Schein und dem Sein auch ihre liebe Not. Sie müssen verschwiegen sein, wollen aber gern transparent und offen erscheinen. Daher folgen die Herren und Damen des Geldes im Normalfall der goldenen Regel: „Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.“Nach dem Auftritt von Benoît Coeuré, Direktor der Europäischen Zentralbank (EZB), muss dieses ungeschriebene Gesetz jedoch geändert werden. Ab sofort gilt: „Schweigen ist Silber, Reden ist Geld.“
Coeuré hat vor Investmentbankern und Hedgefondsmanagern aus dem Nähkästchen geplaudert. Bei einem Abendessen in London hat der EZB-Direktor beiläufig fallen lassen, dass man die für Juli und August vorgesehenen Anleihekäufe vorziehen wolle. Die Öffentlichkeit erfuhr davon freilich erst 14 Stunden später. Da hatte der Euro im Devisenhandel schon ein paar kräftige Kurssprünge hinter sich. Ganz offensichtlich haben da einige Anwesende die Information nicht als vertraulich behandelt, sondern rasch gehandelt und damit verdient. Die EZB richtet ob der eigenen Kommunikationspanne den Bannstrahl aber nun auf die Medien. Entgegen der bisherigen Usance will man Journalisten Redetexte künftig nicht mehr vorab zur Verfügung stellen. Trau, schau, wem?
Einen Vertrauensbruch soll es auch andernorts gegeben haben. Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis, dem seine Kollegen in der Eurozone ohnehin keinen Meter über den Weg trauen, soll eine Sitzung heimlich aufgezeichnet haben. Er will sich zwar an die Regeln der Vertraulichkeit halten und das Band nicht veröffentlichen. Seine Kollegen sind dennoch empört, sonst regt das freilich niemanden auf. Ganz im Vertrauen: Besser wäre, die Scheingefechte zu beenden und sich im Finanzstreit zu einigen. Das Sein ist wichtiger als der Schein.