Banken haben Steuern falsch berechnet
Anlegern drohen Steuernachzahlungen auf ihre Fondsgewinne, weil sich im Meldesystem Fehler eingeschlichen haben.
WIEN. Zahlreiche österreichische Anleger haben, ohne es zu merken, in den vergangenen drei Jahren zu wenig Steuern für ihre Kursgewinne bezahlt. Passiert ist das, weil sich bei der Österreichischen Wertpapierdaten Service GmbH (ÖWS), der wenig bekannten Wertpapier-Datendrehscheibe der heimischen Banken, bei der Berechnung der 2012 eingeführten Kapitalertragsteuer auf Kursgewinne (Wertpapier-KESt) ein Fehler eingeschlichen hat. Dadurch haben die Banken für Käufer bestimmter ausländischer Fonds keine oder zu wenig Steuern an das Finanzamt abgeführt. Wie groß das Problem tatsächlich ist, ist unklar. Schätzungen aus der Branche reichen aber bis zu 50 Mill. Euro für drei Jahre.
„Ein Teil der angelieferten Daten war möglicherweise fehlerhaft und hat möglicherweise zu einer fehlerhaften Berechnung der Steuern geführt“, bestätigt der Banken-Sprecher der Wirtschaftskammer, Franz Rudorfer. Über Zahlen wolle er nicht spekulieren. Man stehe am Anfang, zunächst brauchten die Banken selbst Fakten, um die Dimension abschätzen und Verantwortlichkeiten klären zu können. Aus der Bankentochter ÖWS hieß es, man analysiere gemeinsam mit den Banken, ob und welche Datensätze fehlerhaft sein könnten, die Prüfung sei noch im Laufen. Kommende Woche sind Gespräche im Sektor angesetzt sowie mit dem Finanzministerium.
Bemerkt wurde das Problem dem Vernehmen nach eher zufällig bei einer Stichprobenkontrolle in einer Bank. Nachforschungen machten deutlich, dass es bei ausländischen Fonds, die Gewinne einbehalten, offenbar systematisch Fehler gab. Begründet sein sollen diese im komplizierten Meldesystem zwischen den Fonds, der Wertpapierstelle der Oesterreichischen Kontrollbank, der ÖWS und der jeweiligen Bank. Nach bisherigem Wissensstand ist nur der Sparkassen-Sektor nicht betroffen, weil er ein anderes System verwendet. Die übrigen Banken werten derzeit aus.
Offen ist noch, wie mit möglichen Steuernachforderungen umgegangen wird. Spartenchef Rudorfer betont, dass den Kunden kein Schaden aus der eventuellen Datenpanne erwachsen werde. Im Klartext heißt das, dass die Banken eventuelle Verzugszinsen oder Strafen übernehmen werden. Die aushaftende Steuer müsste der Anleger aber wohl selbst tragen. Sei er nicht mehr Kunde der Bank, „wird es schwierig“, sagt ein Banker, der damit rechnet, dass sich hier neue Haftungsfragen auftun.
In der Branche wächst generell der Unmut über die zunehmend komplexere Gesetzgebung. Fehler würden von der Finanz nicht mehr bemerkt, weil die Berechnungen niemand kontrolliere. „Was wäre, wenn sich herausgestellt hätte, dass zu viel bezahlt wurde?“, fragt einer.
Wie viel die Wertpapier-KESt gebracht hat, weiß man im Finanzministerium nicht. Sie wird zusammen mit der KESt auf Zinsen verbucht. Der Posten ist wegen der Niedrigzinsen 2014 um 90 Mill. Euro auf 1,192 Mrd. Euro geschrumpft.
„ Den Kunden wird jedenfalls kein Schaden erwachsen.“