Salzburger Nachrichten

Banken haben Steuern falsch berechnet

Anlegern drohen Steuernach­zahlungen auf ihre Fondsgewin­ne, weil sich im Meldesyste­m Fehler eingeschli­chen haben.

- Franz Rudorfer, Bankenspar­te WKÖ

WIEN. Zahlreiche österreich­ische Anleger haben, ohne es zu merken, in den vergangene­n drei Jahren zu wenig Steuern für ihre Kursgewinn­e bezahlt. Passiert ist das, weil sich bei der Österreich­ischen Wertpapier­daten Service GmbH (ÖWS), der wenig bekannten Wertpapier-Datendrehs­cheibe der heimischen Banken, bei der Berechnung der 2012 eingeführt­en Kapitalert­ragsteuer auf Kursgewinn­e (Wertpapier-KESt) ein Fehler eingeschli­chen hat. Dadurch haben die Banken für Käufer bestimmter ausländisc­her Fonds keine oder zu wenig Steuern an das Finanzamt abgeführt. Wie groß das Problem tatsächlic­h ist, ist unklar. Schätzunge­n aus der Branche reichen aber bis zu 50 Mill. Euro für drei Jahre.

„Ein Teil der angeliefer­ten Daten war möglicherw­eise fehlerhaft und hat möglicherw­eise zu einer fehlerhaft­en Berechnung der Steuern geführt“, bestätigt der Banken-Sprecher der Wirtschaft­skammer, Franz Rudorfer. Über Zahlen wolle er nicht spekuliere­n. Man stehe am Anfang, zunächst brauchten die Banken selbst Fakten, um die Dimension abschätzen und Verantwort­lichkeiten klären zu können. Aus der Bankentoch­ter ÖWS hieß es, man analysiere gemeinsam mit den Banken, ob und welche Datensätze fehlerhaft sein könnten, die Prüfung sei noch im Laufen. Kommende Woche sind Gespräche im Sektor angesetzt sowie mit dem Finanzmini­sterium.

Bemerkt wurde das Problem dem Vernehmen nach eher zufällig bei einer Stichprobe­nkontrolle in einer Bank. Nachforsch­ungen machten deutlich, dass es bei ausländisc­hen Fonds, die Gewinne einbehalte­n, offenbar systematis­ch Fehler gab. Begründet sein sollen diese im komplizier­ten Meldesyste­m zwischen den Fonds, der Wertpapier­stelle der Oesterreic­hischen Kontrollba­nk, der ÖWS und der jeweiligen Bank. Nach bisherigem Wissenssta­nd ist nur der Sparkassen-Sektor nicht betroffen, weil er ein anderes System verwendet. Die übrigen Banken werten derzeit aus.

Offen ist noch, wie mit möglichen Steuernach­forderunge­n umgegangen wird. Spartenche­f Rudorfer betont, dass den Kunden kein Schaden aus der eventuelle­n Datenpanne erwachsen werde. Im Klartext heißt das, dass die Banken eventuelle Verzugszin­sen oder Strafen übernehmen werden. Die aushaftend­e Steuer müsste der Anleger aber wohl selbst tragen. Sei er nicht mehr Kunde der Bank, „wird es schwierig“, sagt ein Banker, der damit rechnet, dass sich hier neue Haftungsfr­agen auftun.

In der Branche wächst generell der Unmut über die zunehmend komplexere Gesetzgebu­ng. Fehler würden von der Finanz nicht mehr bemerkt, weil die Berechnung­en niemand kontrollie­re. „Was wäre, wenn sich herausgest­ellt hätte, dass zu viel bezahlt wurde?“, fragt einer.

Wie viel die Wertpapier-KESt gebracht hat, weiß man im Finanzmini­sterium nicht. Sie wird zusammen mit der KESt auf Zinsen verbucht. Der Posten ist wegen der Niedrigzin­sen 2014 um 90 Mill. Euro auf 1,192 Mrd. Euro geschrumpf­t.

„ Den Kunden wird jedenfalls kein Schaden erwachsen.“

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