Die Formel 1 entwächst Monaco
Der Rennsporttross wird immer umfangreicher, doch der Platz im Fürstentum bleibt unverändert gering. Zusätzliche Gefahr droht nun durch ein Immobilienprojekt.
Frankreich seit 2009 ohne Formel-1Grand-Prix. Deutschland heuer. Italien (Monza) akut gefährdet. In Bernie Ecclestones Bestreben, den Eigentümern der Rennserie größtmögliche Profite durch die zahlungskräftigsten Veranstalter zu bescheren, zählt Tradition nichts. Die einzige strahlende, „gesicherte“Ausnahme: Monaco. Zum 62. Mal wird an diesem Wochenende auf der langsamsten Strecke um Zähler zur Formel-1-WM gefahren, mit der Vorkriegszeit ist es der 73. Grand Prix. Mit einer richtungsweisenden Qualifikation heute, Samstag, und dem Rennen am Sonntag (14).
Doch nicht einmal die Zukunft des Glamour-Saisonhöhepunkts scheint nun gesichert – trotz Vertrags des Automobilclubs von Monaco (ACM) mit der Formel-1-Holding bis 2021 und keiner Probleme mit Zuschauerzahlen. Denn der Langzeitpräsident des ACM (seit 1972), der selbst schon fast legendä- re Michel Boeri, bekundet gegenüber dem „Monaco Matin“Zweifel an der künftigen Machbarkeit eines Formel-1-Laufs im Minifürstentum (202 Hektar Fläche, 38.000 Einwohner): „Wir haben ein Platzproblem. Der Tross der Formel 1 wird immer größer, wir haben aber nur wenige Plätze, um alles unterzubringen, die nun schon zu klein werden.“
Wer auf der mittleren Corniche aus dem Westen nach Monaco kommt, sieht das Formel-1-„Lager“im Nachbarort Èze; im alten Yachthafen sind die Ü-Wagen der TVSender untergebracht, in der Parkgarage daneben die Trucks der GP2Serie. F1-Transporter sind an der Einfahrt an der unteren Corniche aufgefädelt, die weiteren Rahmenrennen nahe dem Tennisclub stationiert – alles an sich eine logistische Meisterleistung.
Zum GP kommen 368 Lkw, 32 weitere schaffen 35 Tonnen Material herbei, 39 temporäre Bungalows, drei komplette TV-Studios, eine temporäre Kantine für 150 Mitarbeiter. „Für das Gelände am Hafen gibt es ein Immobilienprojekt“, bestätigt der bestens vernetzte Boeri (Mitglied des Kronrats von Monaco und Vizepräsident Sport des Weltrats des Automobilverbands), „wird das realisiert, ist die GP-Durchführung praktisch nicht mehr möglich. Die Gefahr ist real.“
Zuletzt hatte die neue Formel E mit Elektroboliden Premiere in Monaco (sie fährt heute, Samstag, erstmals auf dem früheren Flughafengelände in Berlin-Tempelhof). Da 2016 wieder der GP der Historischen durchgeführt wird, gibt es dann keine Chance für die Formel E mehr. Boeri: „Mehr als zwei GP-Wochen sind für uns nicht machbar.“
Doch sowohl Boeri als auch Fürst Albert wissen: Der F1-Grand-Prix ist die größte Werbetrommel für Monaco (und spielt die Kosten ein). Und sowohl Ecclestone als auch die FIA wissen: Eine Formel 1 ohne Monaco wäre keine Formel 1 mehr.
„Zur Unterbringung der Formel 1 ist der Platz schon jetzt zu klein.“Michel Boeri, Präsident ACM