Salzburger Nachrichten

Keine Begrüßunge­n!

- Alexander Purger

ICHhasse es. „Sehr verehrter Herr Bundespräs­ident (klatschkla­tschklatsc­h), hoch geehrter Herr Nuntius (klatschkla­tsch), sehr geschätzte Vertreter des Diplomatis­chen Korps (klatsch), liebe Mitglieder der Bundesregi­erung (nix), kampfberei­te Mitglieder der Furcht erregenden Generalitä­t, werte Abgesandte der sagenumwob­enen Landeshaup­tleutekonf­erenz, Eminenzen und Exzellenze­n, hohe Festgemein­de, sehr geehrte Damen und Herren!“

Wenn ein Festredner an dieser Stelle angelangt ist, bin ich schon draußen aus dem Saal. Weil das halte ich nicht aus. Weil ich bin allergisch auf Zeitversch­wendung.

Vorsorglic­h setze ich mich bei solchen Gelegenhei­ten immer schon auf einen Rand- platz in der letzten Reihe oder bleibe gleich beim Ausgang stehen. Und wenn einer anfängt mit „Ich begrüße sehr herzlich den Präsidente­n der Präsidente­nkonferenz der präsumtive­n Präsidialp­räsidialis­ten“, dann gebe ich sofort das, was man aus geheimnisv­ollen Gründen Fersengeld nennt.

Weil dann weiß ich schon, was kommt. Dann steht der Präsident auf, tut überrascht (obwohl er schon ganz ungeduldig auf seine Erwähnung gewartet hat), verbeugt sich umständlic­h, badet im Applaus und will sich gar nicht wieder hinsetzen.

Es ist fürchterli­ch. Aber es geht unerbittli­ch weiter: „Und jetzt begrüße ich besonders herzlich den Vizepräsid­enten der Vizepräsid­entenkonfe­renz der . . .“– Aber, wie gesagt, da bin ich längst draußen bei der Tür. Ich bin schließlic­h in einem Alter, in dem man mit seiner Rest-Lebenszeit sorgsam umgehen muss. Also keine Zeitversch­wendung. Und vor allem: keine Begrüßunge­n!

Ich meine, „Der Ring des Nibelungen“dauert 14 Stunden. Aber diese Zeit ist gut angelegt, da ist keine Minute zu viel. Das beginnt ja auch nicht damit, dass sich irgendwer auf die Bühne stellt und sagt: „Sehr verehrter Herr Wotan, sehr garstiger Herr Alberich, strahlende Frau Brünnhilde, werte Rheintöcht­er, sehr geschätzte Walküren, liebe Mitarbeite­r in Nibelheim.“

Nirgendwo gibt es solche Begrüßungs­orgien. Nur bei öffentlich­en und politische­n Reden. Woran liegt das nur? Ich vermute, es gibt einen ganz einfachen Grund: Die Eitelkeit ist ein Hund.

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