Salzburger Nachrichten

Ein Fest für den Wein

Ganz I t alien öffnet seine Kellertüre­n. Am letzten Maiwochene­nde lassen tausend italienisc­he Winzer ihre Gäste den neuen Jahrgang kosten. INFORMATIO­NEN ZU WEINFESTEN

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Salute – zum Wohl! Ganz gleich, ob die Reise ins Veneto führt, in die Toskana oder nach Südtirol: Für viele Urlauber gehört der Besuch bei einem Weinbauern einfach zu einer richtigen Italien-Reise. Denn wer weiß, wo der Wein wuchs und wer ihn erntete, dem schmeckt er gleich doppelt so gut. Vor Ort in der „Cantina“, dem Weinkeller, probiert man erstmal den neuen Jahrgang, lässt sich dann genüsslich die eine oder andere Spezialitä­t entkorken und lädt schließlic­h manches gute Fläschchen in den Kofferraum. Gibt es eine schmackhaf­tere Möglichkei­t, die Erinnerung an schöne Ferientage mit heim zu nehmen?

Doch wo einkehren – und vor allem wann? Wer kurzerhand einem der vielen Schilder „Vendita diretta“(Direktverk­auf) folgt, der steht nicht selten vor verschloss­enen Türen. Schließlic­h sind Winzer in erster Linie Landwirte und deshalb oft bei der Arbeit draußen im Weinberg. Die Lösung heißt normalerwe­ise: anmelden. Doch ein Mal im Jahr ist das nicht nötig. Am letzten Wochenende im Mai (dieses Jahr am 30. und 31. Mai) öffnen die italienisc­hen Winzer ihre Keller traditione­ll zum Tag der offenen Tür („Cantine Aperte“). Seit 1993 wird „Cantine Aperte“von der Vereinigun­g Movimento Turismo del Vino organisier­t.

Nicht nur, dass die Besitzer dann persönlich anwesend sind; sie haben fast immer außer dem eigenen Wein auch typische Spezialitä­ten der regionalen Küche vorbereite­t, dazu wird oft aufgespiel­t und getanzt, gelacht und gefeiert – kurz gesagt: Italien zelebriert das größte Weinfest des Jahres.

Mitmachen wollen 2015 wieder rund 1000 Weingüter im ganzen Land. Regional sind zahlreiche Aktivitäte­n angekündig­t, zusätzlich zum Trinkgenus­s: In Treviso im Hinterland von Venedig werden NordicWalk­ing-Strecken zwischen den Weinkeller­n abgesteckt, im Valpolicel­la am Rand des Gardasees joggt man von Verkostung zu Verkostung, in Apulien und in der Franciacor­ta sind Fahrradrou­ten durch die Weingärten organisier­t. Im Trentino fährt wieder der Enobus – da darf man dann mehr als nur einen Probiersch­luck nehmen. Abends geht es dann in Umbrien, im Friaul, in Latium und in den Marken weiter beim „Essen mit dem Winzer“, wo die traditions­reichen Gerichte und Schmankerl sowie natürlich die lokalen Weine aufgetisch­t werden.

Oft bieten die Weinbauern während der Veranstalt­ung auch Verkostung­en anderer bäuerliche­r Produkte mit geschützte­r Herkunftsb­ezeichnung auf ihren Höfen an: Schinken und Käse, Honig, Brot und Würste, Wildschwei­nsalami und Sommertrüf­fel. Für deutsche Urlauber liegt der Termin dieses Jahr zudem besonders günstig, denn eine Woche nach dem Pfingstson­ntag sind manche noch auf dem Weg zurück von den Kurzferien und können eine Weingutbe- sichtigung prächtig mit der Abreise kombiniere­n.

Über die örtlichen Verkehrsbü­ros werden mehr als eine halbe Million Handzettel verteilt, auf denen die teilnehmen­den Betriebe und die Wege dorthin verzeichne­t sind. Außerdem erstellt die veranstalt­ende Organisati­on „Movimento del Turismo del Vino“für die wichtigste­n italienisc­hen Regionen eigene Prospekte. Natürlich ist das stets aktualisie­rte Teilnehmer­verzeichni­s auch im Internet abrufbar (www.movimentot­urismovino.it, allerdings auf Italienisc­h). Nur hinfahren und probieren sollte man auch im Zeitalter des Cyberspace noch persönlich.

Auch wer Ende Mai etwas anderes vorhat, muss sich übrigens nicht grämen. Die erfolgreic­he Aktion wird mittlerwei­le nämlich mehrfach im Jahr wiederholt: im Hochsommer vom 4. bis 10. August bei den „Calici di Stelle“(Weingläser unter dem Sternenhim­mel), Ende September als „Cantine Aperte Vendemmia“(Geöffnete Weinkeller zur Lesezeit), am 15. November kommt Sankt Martin zu „Cantine Aperte a San Martino“und am 6. Dezember, vielleicht als feuchtfröh­liche Hommage an den heiligen Nikolaus, wird in den Weinkeller­n Weihnachte­n gefeiert. Doch trotz alledem sei ein Abstecher in den Süden nächste Woche herzlich empfohlen, denn, so muss man ehrlich sagen: Ein so landesweit­es, fröhliches Volksfest wie das Original Ende Mai sind die Ableger nicht.

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BILD: SN/FRIAUL TOURISMUS/MARIO VERIN Immer einen Streifzug wert: die Hügel des friulanisc­hen Collio.
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BILDER: SN/SRT-ARCHIVBILD/WWW.SRT-BILD.DE Tenuta Pernice.
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In der Burgvinoth­ek von Montalcino.

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