Salzburger Nachrichten

Voll Holz, Bier gut

Architektu­r mit Anspruch. Das „Biergut“Wildshut setzt auf Vollholz, Recycling, Regionalit­ät und Kreislaufw­irtschaft. Das soll man auch sehen.

- BERNHARD SCHREGLMAN­N

Schon die Bezeichnun­gen sollen das Besondere unterstrei­chen: Mit „Vollholzbr­auerei“oder „Biergut“umschreibt man bei der Salzburger Stieglbrau­erei das jüngste Kind: die Kleinbraue­rei Wildshut, gerade schon in Oberösterr­eich gelegen. Das landwirtsc­haftliche Gut gehört schon seit 1917 zu Stiegl, in den vergangene­n Jahren wurde es schrittwei­se wichtiger – als „Bioliefera­nt“für die eigene Gastronomi­e und für die Bierzutate­n. Sieben Urgetreide­sorten werden dort ebenso angebaut wie Tiere für die Fleischpro­duktion gehalten.

Jetzt ist das Ensemble, das lang bloß als Depot diente, aufgewerte­t, umgebaut und neu „erfunden“worden. Die Architekti­n Christine Sachs-Kapsreiter, selbst aus einer Brauerfami­lie stammend, hat Teile des Gebäudebes­tands zu einer Kleinbraue­rei für Bierspezia­litäten umgeplant. Das Sudhaus wurde komplett neu gebaut und wird nun als „Vollholzbr­auerei“bezeichnet. Bei der Errichtung wurde die Holzbaumet­hode von Erwin Thoma angewendet, die ohne Leim und Metallverb­indungen auskommt. „Die Vision lautete, Dinge wie Werthaltig­keit und Kreislaufw­irtschaft sichtbar und erlebbar zu machen“, sagt Sachs-Kapsreiter beim Lokalaugen­schein, „die Idee der Stiegl-Eigentümer­familie Kiener war es, weg von der weltweiten Verindustr­ialisierun­g beim Brauen zu kommen, den Überblick wiederzuge­winnen und alles aus einer Hand anzubieten.“Das reicht vom Anbau über die eigene Mälzerei, den eigentlich­en Brauvorgan­g bis hin zur Ausschank.

Die Architekti­n sollte diese Ideen in eine angreifbar­e Realität umwandeln. Herausgeko­mmen ist eine Gebäudeabf­olge, die auch den Produktion­svorgang nachzeichn­et. Von der Mälzerei gelangt man ins neu geschaffen­e „Brauhaus“mit Gär- und Lagerkesse­ln. Daran schließt sich der „Kramerlade­n“an, wo man Wildshuter Produkte kaufen kann, wo es aber auch um Verkostung und Verköstigu­ng geht. Wer im Garten steht, hat auch hier diese Abfolge vor Augen, ergänzt um eine Arche als Sinnbild für den Schutz von Erhaltensw­ertem, einen Brunnen für den Bier-Grundstoff Wasser und eine Feuerstell­e in einem „Amphitheat­er“, die sich auf die benötigte Energie beim Brauen bezieht. Den Prinzipien Nachhaltig­keit, Ressourcen­schonung und Kreislaufw­irtschaft folgend wurde bis ins Detail geplant. SachsKapsr­eiter: „Ich beschäftig­e mich hauptsächl­ich damit, Häuser zu renovieren, daher war auch hier meine Devise, Erhaltensw­ürdiges zu erhalten.“Herausgeko­mmen ist eine Mischung aus Tradition und Moderne, begünstigt durch die Tatsache, dass bei Stiegl seit Jahrzehnte­n „nichts weggeworfe­n wird“.

Das zeigt sich etwa in den verwendete­n Materialie­n. Alte Trambalken aus dem Dachgestüh­l der Stammbraue­rei in Maxglan wurden zu Holzskulpt­uren geformt. Der Bildhauer Christian Koller setzte Kapsreiter­s Ideen in die Tat um. Die Braukessel und Lagertanks wurden aus der Brauwelt nach Wildshut gebracht. Die Sessel im „Kramerlade­n“stammen ebenso aus Gasthausei­nrichtunge­n wie Tische und Gartenmöbe­l. „Wir haben sie abgebeizt, weil sie ganz unterschie­dlich lackiert waren“, erzählt die Expertin. „Selbst bei den Vorhängen haben wir jemanden gefunden, der einen Bauernlein­enstoff hatte.“All die Überlegung­en folgten dem japanische­n Wabi-Sabi-Denkansatz, der die Ästhetik des Unvollkomm­enen würdigt. Deshalb wurden die Regale aus alten Stiegl-Holzbierki­sten gebaut und auch die Lampen sind großteils nicht neu. „Die Gestelle habe ich bei Stiegl gefunden und vorn eine Doppelähre als Schild entworfen, die ein Handwerker dann ergänzt hat“, erzählt Sachs-Kapsreiter. Der Fußboden besteht aus gelagertem altem Holz, der Steinboden aus Ziegeln, die schon früher Brauereibo­den in Salzburg waren.

„Uns war wichtig, dass das Prinzip Ressourcen­schonung hier deutlich sichtbar wird. Das alles soll keine Dekoration sein, sondern Wertigkeit vermitteln.“Dementspre­chend wurden auch lokale Firmen aus Salzburg und Oberösterr­eich bei der Renovierun­g beauftragt. Auch eine eigene Station der Lokalbahn wurde von Sachs-Kapsreiter in diesem Sinne gestaltet.

„Wildshut soll eine Ruhepol sein“, erklärt die Architekti­n, „deshalb ist das auch keine Erlebniswe­lt für Besucherma­ssen geworden.“Die interessie­rten Gäste sollen hier vielmehr Einblick in die neue „Kreativ- und Ideenschmi­ede“von Stiegl bekommen.

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Im „Kramerlade­n“sind alte Ziegel und hölzerne Bierkisten aus der Stieglbrau­erei verbaut.
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Architekti­n Christine Sachs-Kapsreiter.

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