Salzburger Nachrichten

Asylpoliti­k: Jeder gegen jeden

Die Länder streiten mit dem Bund um Asylquarti­ere, die Gemeinden streiten mit den Ländern, und jetzt streiten auch noch Private mit Gemeinden. Die Chronologi­e einer Woche mit traurigem Höhepunkt.

- 2039 Flüchtling­e:

Seit dem vergangene­n Wochenende sind auf dem Gelände der Polizeidir­ektion Flüchtling­e in Zelten untergebra­cht. Nachdem es die ganze Woche geregnet hat, mutiert der Sportplatz zur Sumpflands­chaft. Das Land sucht händeringe­nd nach Unterkünft­en für Flüchtling­e. Am Dienstagvo­rmittag kam dann auch ein Großquarti­er ins Gespräch – und zwar vom Verteidigu­ngsministe­rium. Die Kaserne in Tamsweg könne ab Juni für 150 Flüchtling­e und mit Containern sogar für 550 Flüchtling­e genutzt werden. Gut zwei Stunden später die Reaktion

So viele versorgt Salzburg derzeit. 140 weitere Plätze habe sie fixiert, sagt Landesräti­n Martina Berthold. Weitere 200 würden geprüft. Das Innenminis­terium hat Anfang Mai mitgeteilt, dass laut Quotenbere­chnung noch 190 Plätze fehlen. Anfang Juni kommt die nächste Vorgabe. Ob die Kaserne Tamsweg als Asylunterk­unft dienen muss, entscheide­t das Ministeriu­m nächste Woche. von Landesräti­n Martina Berthold (Grüne) und Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer (ÖVP): Komme nicht infrage. Und auch die Gemeinde Tamsweg sprach sich dagegen aus. Am selben Tag besuchte Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner die Zeltstadt in Salzburg. Durch das strikte Nein platzte der Ministerin der Kragen. Landesräti­n Berthold solle ihre Kompetenze­n doch abgeben, wenn sie es nicht verstehe, meinte die Ministerin.

Am Donnerstag meldete das Ministeriu­m, dass in Salzburg weitere Zelte aufgestell­t werden müssen, um Kriegsflüc­htlinge unterbring­en zu können. Berthold bat daraufhin Sepp Schellhorn, Neos-Mandatar im Nationalra­t und Salzburger Gastronom, seine Kontakte zu nutzen und in der Hotelierve­reinigung um Plätze anzufragen. Schellhorn bot daraufhin sofort für vier Monate sein Personalha­us in Badbruck in Bad Gastein für 40 Asylbewerb­er an. Das Land zeigte sich hoch erfreut, dankte sogar per Aussendung und meldete das Quartier umgehend an das nenministe­rium zur Prüfung.

Den vorläufige­n Höhepunkt setzte es am Freitag. Denn da flatterte ein E-Mail von Bad Gasteins ÖVP-Bürgermeis­ter Gerhard Steinbauer ins Postfach von Schellhorn. Darin heißt es wörtlich: „Die beabsichti­gte Unterbring­ung zusätzlich­er 40 Asylbewerb­er in Bad Gastein wird seitens der Gemeinde strikt abgelehnt und würde gegebenenf­alls mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln entschiede­n bekämpft werden.“Denn Bad Gastein leiste bereits seinen Beitrag. „Wir haben in Österreich 2300 Gemeinden, und 1800 davon nehmen keine Asylbewerb­er

In-

„ Wir leisten unseren Beitrag. Jetzt sind andere Orte dran.“

auf. Aber auf die 500, die ihrer Verpflicht­ung nachkommen und die dann einmal reklamiere­n, dass jetzt auch andere dran sind, da zeigt man mit dem Finger hin. Andere verstecken sich bequem in den Stauden“, rechtferti­gt sich Steinbauer. In Bad Gastein seien seit über zehn Jahren 60 Asylbewerb­er untergebra­cht. Das entspreche einem Anteil von 1,43 Prozent der Bevölkerun­g und sei das Vierfache des Landesschn­itts. Bad Gastein gehe mit gutem Beispiel voran. „Wir sind keine Unmenschen.“Zu Schellhorn­s Angebot meinte der Bürgermeis­ter, er solle sich jetzt nicht „das Mäntelchen der Solidaritä­t“umhängen und der „gute Herr Volksvertr­eter hätte vorher bei der Gemeinde anrufen können, was er da vorhat“, ärgert sich der Ortschef.

Die Gemeinde kann das Unterbring­en von Personen in Privathäus­ern aber wohl nicht verbieten. Schellhorn lässt sich das jedenfalls nicht gefallen. „Ich weiß genau, was jetzt auf mich zukommt. Aber ich muss das jetzt durchstehe­n. Mir geht das nämlich auf die Nerven, dass da Menschen bei sechs Grad im Regen in Zelten schlafen müssen. Es ist ein Akt der Menschlich­keit, dass ich

„ Menschen schlafen bei sechs Grad und Regen im Zelt.“

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Hotelier Sepp Schellhorn bietet für Gastein an. Die Gemeinde will ihm
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Bgm., ÖVP
Gerhard Steinbauer, Bgm., ÖVP
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Hotelier, Neos
Sepp Schellhorn, Hotelier, Neos

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