Das Mantra des Julian Khol
Wer kann mit 35 schon auf ein ganzes Leben zurückblicken? Auf eines, das glamourös und aufregend war – aber völlig im Gestern liegt?
SALZBURG. Bei Julian Khol ist es der Fall. Anfang zwanzig galt er als eines der gefragtesten Männer-Models. Er arbeitete für Armani, Valentino und Jean Paul Gaultier. Damals war sein Vater, Andreas Khol, Präsident des österreichischen Nationalrats.
Doch das spielte sich im anderen, im ersten Leben des Julian Khol ab. Der freilich sieht das viel entspannter. Ein wirklich neuer Lebensabschnitt habe erst vor sieben Monaten begonnen. Mit der Geburt seines Sohnes. Dem hat er ein wesentliches Geschenk zu verdanken: das Licht des jun- gen Tages. Der Nachtmensch Julian Khol hat es lange nicht gekannt. Jetzt liebt er es. Deshalb heißt seine Freitagabend in der Galerie 2C for Art eröffnete Ausstellung auch „sechsuhrdreißig“.
Anfang der 2000er-Jahre setzte Kohl den Schlussstrich. Er quittierte den Model-Job und begann 2004 mit dem Studium an der Universität für Angewandte Kunst in Wien. Bei Christian Ludwig Attersee. „Früher war das ein ferner Wunsch, aber keine Option. Es erschien mir unrealistisch. Doch diese Sehnsucht wurde immer drängender. Am Ende war mir klar: Ich mach das jetzt – komme, was wolle.“
Drei Jahre später übersiedelte Kohl nach Düsseldorf. Die Meisterklasse an der Kunstakademie bei Herbert Brandl schloss er mit dem Diplom ab. Der lobt die Intensität der Arbeiten und Khols expressiven Umgang mit Farbe.
Das zeichnerische und malerische Mantra Julian Khols, die oft-
„ Es war mir klar: Ich mache das jetzt – komme, was wolle.“
malige Wiederholung von Motiven, erklärt er so: „Jede Arbeit funktioniert in der Serie. Zugleich steht jedes Blatt auch für sich. Ich suche nicht nach Perfektion. Es ist ein Abarbeiten an einem Motiv.“Als solches tauchen oft Tiere auf. Schildkröten etwa. „Sie fliegen im Wasser und haben dabei eine Leichtigkeit, die ich mir als Mensch sehr wünschen würde.“Oder energisch in die Tiefe stürzende Falken. Als Symbol für Kraft, Eleganz – und als Verneigung vor einer Welt, deren Schönheit der Zerstörung preisgegeben ist: „Und die unsere Kinder vielleicht nicht mehr so erleben werden wie wir.“Zentraler Punkt der Ausstellung sind Zeichnungen und Monotypien einer Tanzenden. Die Vorlage lieferte eine winzige Figur.
Sie gehört zur Szenerie eines Totentanzes und bewegt sich doch mitten ins Leben hinein. Dort steht auch Khol. Immer öfter schon um sechs Uhr dreißig.