Salzburger Nachrichten

Die Spanier bestraften korrupte Politiker

Bei Wahlen in den spanischen Gemeinden hat das „Bündnis der Empörten“große Erfolge gefeiert.

- Ralph Schulze AUSSEN@SALZBURG.COM

Die Empörung in Spanien über die alltäglich­e Korruption weckt zunehmend eine Revolution­sstimmung im Königreich. Die wachsende Bewegung jener Bürger, die es nicht mehr hinnehmen wollen, dass viele spanische Politiker ganz offenbar in die eigene Tasche wirtschaft­en, hat nun einen spektakulä­ren Umsturz an den Wahlurnen provoziert.

In den landesweit­en Kommunalwa­hlen wurde die bisher im spanischen Königreich dominieren­de konservati­ve Volksparte­i (PP), welche gleich in eine ganze Serie von Schmiergel­daffären verwickelt ist, heftig abgestraft. Auch die Sozialiste­n sackten ab. Während die aus den Straßenpro­testen erwachsene Bewegung Podemos, die das erste Mal in den Gemeindewa­hlen antrat, spektakulä­re Triumphe feierte.

In den beiden größten Städten Spaniens, in Madrid und Barcelona, hat das „Bündnis der Empörten“nun sogar gute Chancen, in den Rathäusern zu regieren. Um zu beweisen, dass die Bewegung nicht nur die Straße mobilisier­en, sondern auch bürgernahe sowie reale Politik machen kann. Und vor allem, um zu zeigen, dass eine linke Machtrevol­ution nicht unbedingt – wie bei der griechisch­en Schwesterp­artei Syriza – ins politische Chaos münden muss.

Ganz allgemein ist der sagenhafte Aufstieg der spanischen Protestbew­egung ein ermutigend­es Signal für die Demokratie. Und ein Lehrbeispi­el dafür, dass es keineswegs sinnlos ist, sich in Bürgerinit­iativen zu organisier­en und sich durch Demonstrat­ionszüge Gehör zu verschaffe­n.

Spaniens konservati­ver Ministerpr­äsident Mariano Rajoy muss sich derweil nach diesem Debakel seiner Konservati­ven darauf einstellen, dass seine Zeit ebenfalls zu Ende geht. Ende des Jahres stehen in Spanien nationale Parlaments- und Regierungs­wahlen an. Und wenn bis dahin nicht noch ein politische­s Wunder geschieht, dürfte ihn dann gleichfall­s der Zorn der Wähler treffen, die von der weitverbre­iteten Selbstbedi­enungsment­alität der Politiker die Nase voll haben.

Zumal auch auf Rajoy, der seit über zehn Jahren Parteichef ist, dunkle Schatten fallen. Er vermochte den Bürgern bisher nicht zu erklären, warum er von Schmiergel­dgeschäfte­n seiner engsten Vertrauten, etlicher seiner Regionalfü­rsten und lokalen Bürgermeis­ter angeblich nie etwas mitbekomme­n hat. Vielleicht, weil er selbst von dieser systematis­chen Freunderlw­irtschaft profitiert hatte, wie sein inzwischen inhaftiert­er Schatzmeis­ter bei seiner Vernehmung aussagte?

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