Salzburger Nachrichten

Herr Cameron geht auf Werbetour

Diese Woche beginnen die „ernsten Gespräche“, die der britische Premier über die EU-Reform führen will. Absagen gibt es bereits.

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Eigentlich gehörte die Bühne am vergangene­n Donnerstag und Freitag beim EU-Gipfel in Riga den östlichen Partnerlän­dern. Aber der britische Premier kannte kein Pardon. David Cameron polterte mit einer Ankündigun­g über den roten Teppich: Jetzt würden die ernsten Gespräche über die Reform der Europäisch­en Union beginnen.

Eine ganz klare Absage gab es dafür von Österreich­s Kanzler Werner Faymann. Er sei grundsätzl­ich gegen Spezialreg­elungen für einzelne Länder, man sei ja nicht die Gemeinscha­ft der Rosinenpic­ker. Nicht ganz so strikt waren in Riga die dänische Premiermin­isterin Helle Thorning-Schmidt („Erst einmal zuhören, was Cameron zu sagen hat“) und der irische Europamini­ster Dara Murphy („Es ist noch viel zu früh für diese Debatte“).

Alle drei werden noch etwas Zeit haben, bis sie mit Cameron debattiere­n müssen, höchs- tens aber bis zum EU-Gipfel im Juni. Am Donnerstag wird Cameron in Paris erwartet, am Freitag dann in Berlin, Montag ist er bei Kommission­spräsident Juncker in Brüssel angemeldet. Eines wird er vermutlich bei allen drei Terminen hören: Die Freizügigk­eit von Personen in der EU ist nicht verhandelb­ar. Spielraum gibt es nur innerhalb dieser garantiert­en Grundfreih­eit, das haben mehrere Länder bereits klargemach­t.

Abgesehen vom mangelnden politische­n Willen, daran zu rütteln, will derzeit wohl kaum jemand eine Vertragsän­derung anpacken – und die wäre notwendig. Im ordentlich­en Verfahren können die Verträge nur über ein langwierig­es Prozedere geändert werden: Wird ein Änderungsv­orschlag im Rat mit einfacher Mehrheit angenommen, wird ein Konvent einberufen, der im Konsens eine Empfehlung zu dem Vorschlag abgibt. In dem Konvent sind Vertreter aus nationalen Parlamente­n, Regierunge­n, dem Europaparl­ament und der Kommission. Einigt man sich auf eine Änderung, muss diese in allen Staaten ratifizier­t werden.

Fest steht: Der Ausgang wäre ungewiss. Das haben alle Beteiligte­n schon einmal erlebt. Der Vertrag über eine Verfassung für Europa wurde 2003 von einem Konvent erarbeitet, 2004 unterzeich­net, aber nie ratifizier­t, weil Frankreich und die Niederland­e in einem Referendum dagegen votiert haben. Fest steht auch: Der Prozess würde die EU im Tagesgesch­äft lähmen.

Es gibt zwar auch ein vereinfach­tes Änderungsv­erfahren, es kann aber nur auf gewisse Teile der Verträge angewandt werden. Die Freizügigk­eit fällt zwar grundsätzl­ich darunter, nicht aber die Rechte der Unionsbürg­er – und die könnten davon betroffen sein.

STEPHANIE.PACK@SALZBURG.COM

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Stephanie Pack

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