Salzburger Nachrichten

Das Dilemma des Westens

- AUSSEN@SALZBURG.COM

Mit dem Fall Palmyras und Ramadis liegen nicht nur zwei bedeutsame Städte in Trümmern, sondern auch die von Präsident Obama verfolgte Anti-IS-Strategie.

Deren Hauptfehle­r besteht darin, falsche Erwartunge­n zu hegen und auf imaginäre Partner zu setzen. In Syrien übernehmen die sogenannte­n moderaten Rebellen, die gleicherma­ßen Diktator Assad und die Anhänger des IS-Kalifats bekämpfen, diese Rolle. Im Irak fällt sie „sunnitisch­en Stämmen“und der irakischen Armee zu.

Leider fehlt es beiden Anti-ISGruppen an Mannstärke, Fähigkeit und Kampfeswil­len, die synthetisc­hen Träume der Experten in den US-Denkfabrik­en und im Weißen Haus Realität werden zu lassen.

Obamas Strategie, sunnitisch­en Extremismu­s mit Sunniten zu bekämpfen, entspringt einer richtigen Analyse, zieht aber die falschen Schlüsse. Die paar moderaten Kräfte haben dem sektiereri­schen Hass wenig entgegenzu­setzen, der Schiiten und Sunniten im Mittleren Osten einander an die Gurgel gehen lässt.

Dieser Hass wird von den Hegemonial­mächten Iran und SaudiArabi­en angeheizt, die über Milizen, Stämme und extremisti­sche Gruppen Stellvertr­eterkriege führen. Solange die USA nicht willens sind, mit einem massiven militärisc­hen Kraftakt für eine „Pax Americana“zu sorgen, können sie die Ereignisse vor Ort nur partiell beeinfluss­en. Für eine solche Interventi­on fehlt aber der Wille.

Die USA haben im Irak schmerzhaf­t lernen müssen, dass sich historisch­e Prozesse nicht beschleuni­gen oder gar überspring­en lassen. Der Sturz Saddam Husseins führte nicht zu einer Demokratis­ierung der Region, sondern öffnete die Büchse der Pandora.

Der Westen steht vor einem Dilemma. Er kann weder Zivilgesel­lschaften herbeizaub­ern noch jahrhunder­tealte Rechnungen der Glaubenskr­ieger begleichen. Abermals mit Bodentrupp­en einzugreif­en macht die Dinge nicht besser. Umgekehrt erlaubt die reale terroristi­sche Bedrohung durch die ISKrieger nicht, die Hände tatenlos in den Schoß zu legen.

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Thomas Spang

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