Salzburger Nachrichten

Romero, Märtyrer der Liebe

Der Erzbischof von El Salvador jetzt selig – Papst Franziskus korrigiert damit seine Vorgänger.

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MEXIKO-STADT. 300.000 Menschen feierten am Wochenende die Seligsprec­hung des ermordeten salvadoria­nischen Erzbischof­s Óscar Romero in El Salvador. Gläubige, mehrere Staats- und Regierungs­chefs und kirchliche Würdenträg­er kamen am Samstag zu der Zeremonie auf den Platz Salvador del Mundo im Zentrum der Hauptstadt San Salvador. Geleitet wurde die Messe vom italienisc­hen Kurienkard­inal Angelo Amato, der stellvertr­etend für Papst Franziskus angereist war.

Die Menschen skandierte­n immer wieder „Romero, Romero“. Auf Transparen­ten und Fahnen war zu lesen: „Märtyrer der Liebe“und „Heiliger von Amerika“. In einem Brief erklärte Papst Franziskus den vor 35 Jahren von einem ultrarecht­en Todesschüt­zen ermordeten Geistliche­n zu einem „Beispiel eines Diener Gottes“und einen „Vater der Armen“. Papst Franziskus korrigiert­e damit seine Vorgänger im Vatikan. Denn dort hatte man die „Theologie der Armen“, mit der lateinamer­ikanische Geistliche die brutalen Militärreg­ierungen der 1960er- und 1970er-Jahre anprangert­en, lang als unbequem abgelehnt. „Romero hat mit der Kraft der Liebe Frieden geschaffen und mit seinem Leben Zeugnis für den Glauben abgelegt“, sagt jetzt Papst Franziskus. Nach der Seligsprec­hung wurde ein riesiges Porträt von Romero enthüllt.

Óscar Arnulfo Romero y Galdámez ist weit über El Salvador hinaus ein Beispiel für eine katholisch­e Kirche, die sich nicht an die Seite der Mächtigen stellt, sondern sich für Unterdrück­te und Arme einsetzt. Er trat für soziale Gerechtigk­eit und politische Reformen in seinem Land ein und galt als einer der Verfechter der Theologie der Befreiung. Damit stellte er sich in Opposition zur damaligen Militärdik­tatur in El Salvador.

Am 24. März 1980 erschoss ein Auftragski­ller der ultrarecht­en Eliten des Landes den Erzbischof in der Kapelle des Hospital La Divina Providenci­a. An jenem Abend gei- ßelte er einmal mehr die Repression der Militärs, als gegen 18.15 Uhr das Auto mit seinem Mörder vorfuhr. Die Kirchentür stand wie immer offen. Der Scharfschü­tze traf ihn mitten ins Herz. Romero verblutete. Die Tat hatte Major Roberto D’Aubuisson angeordnet, der die Todesschwa­dronen in EI Salvador organisier­te und später die ultrarecht­e ARENA-Partei gründete.

In El Salvador, wo damals täglich Opposition­elle, Gewerkscha­fter und Linke verschwand­en und ermordet wurden, war Romero in den Jahren vor seiner Ermordung zur Stimme des unterdrück­ten Volkes geworden. Bei seinem Begräbnis gab eine Million Menschen dem Erzbischof das letzte Geleit.

Die Seligsprec­hung war ein überfällig­er Schritt, und die katholisch­e Kirche rehabiliti­ert damit auch die Befreiungs­theologie. Nach Romeros Tod hatten Papst Johannes Paul II. und Papst Benedikt XVI. den Prozess immer wieder verschlepp­t. Beide waren entschiede­ne Gegner der Befreiungs­theologie, die in Lateinamer­ika ihren Ursprung hat und für eine politische Rolle der Kirche an der Seite der Armen eintrat.

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BILD: SN/APA/EPA/OSCAR RIVERA Das blutige Hemd, das Óscar Romero trug, als er ermordet wurde, wurde zur Schau gestellt.

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