Seine Objekte sind Charakterköpfe
Er arbeitet in einem goldenen Haus, entwirft Bürozentralen, aber auch Sitzmöbel, Brillen und Schmuck. Jetzt wurde der Steirer Martin Lesjak in den USA zum „Designer des Jahres 2015“gekürt.
Als Jugendlicher hat er mit einer Sportlerkarriere geliebäugelt. Tennisspieler oder Fußballprofi. Kurz bevor es mit einem Profivertrag ernst geworden wäre, hat er sich dann aber doch der Architektur zugewandt. Daneben spielte immer auch die Musik eine große Rolle in seinem Leben, Martin Lesjak zog als DJ durch die Lande. Als Gründer der seit 1999 bestehenden Innocad Architektur widmet sich der 43-jährige gebürtige Judenburger seit rund zwei Jahren über das Label „13&9 Design“auch dem Thema Produktdesign. Nun wurde er vom renommierten amerikanischen „contract“-Magazin in New York als „Designer des Jahres 2015“ausgezeichnet. „Lesjak ruft mit seinen sinnlich einnehmenden Räumen Aspekte von Energie, Anmut und Emotion hervor. Sowohl seine visionäre Architektur und Innenarchitektur als auch die Schönheit seiner Produktdesigns machen ihn zu einem Stardesigner, der für viele Kollegen Vorbildcharakter hat“, hieß es in der Begründung für die Vergabe des in der Szene heiß begehrten Ehrentitels.
In der Freizeit kickt er immer noch, als DJ möchte er bald auch wieder aktiv sein. „Ich war und bin an einer Vielfalt interessiert“, sagt der Steirer. Wer immer nur das Gleiche mache, stoße bald an seine Grenzen. Aus diesem Grund reist Lesjak gern, will andere Mentalitäten und Kulturen kennenlernen, über den Tellerrand blicken, Neuland beschreiten. Für den Grazer Architekten beschränkt sich der kreative Prozess nicht auf das bloße Formen und Designen eines Objekts. Kreativität stecke in jeder Facette der Entstehung neuer Objekte, betont der 43-Jährige, dessen Ziel es ist, „die Verbindung zwischen dem Produkt und dem Menschen zu stärken“. Auf internationalen Messen sehe er immer wieder auch Produkte, die er als „Sondermüll“bezeichnen würde – „wer braucht das?“Ihm gehe es vielmehr um Produkte, die einen Mehrwert hätten, nicht nur einen funktionalen Nutzen, sondern mit denen man auch eine emotionale Beziehung aufbauen könne: wie mit einem im Urlaub gekauften Andenken.
Gemeinsam mit Anastasia Su hat Lesjak bislang etwa schneeweiße Sitz- und Liegemöbel, wabenartige Beleuchtungskörper, futuristisch aussehende Sonnenbrillenkollektionen mit Ecken und Kanten, extravaganten Modeschmuck und vielseitig nutzbare Taschen entworfen. „Wir sind international tätig und dafür ist die Auszeichnung natürlich ein zusätzlicher Motor: Seit der Preisverleihung gab es schon eine Reihe von neuen Anfragen“, berichtet Martin Lesjak, der über Innocad 16 Angestellte beschäftigt. Das Stammhaus befindet sich in Graz, trägt den Namen „Golden Nugget“und fällt nicht nur wegen seiner goldenen Fassade aus dem Rahmen des Gewohnten: ein ebenso auffälliges wie raffiniertes Gebäude, das wie eine Visitenkarte für das kreative Unternehmen fungiert. „Unsere Ziele sind nicht Gebäude oder Dinge, die einem makellosen Schönheitsideal entsprechen, sondern Charakterköpfe, charismatische Objekte mit Persönlichkeit, mit kleinen und sympathischen Einheiten“, berichtet Martin Lesjak, dessen Arbeit im zurzeit laufenden Designmonat Graz auch von dem Netzwerk Creative Industries Styria (CIS) mit einem Empfang gewürdigt worden ist. Zu Graz hat der Designer und Architekt eine positive Beziehung: „Für die Größe der Stadt herrscht hier ein gutes Niveau vor.“Lesjak, der beruflich viel in Amerika, Asien und im Mittleren Osten zu tun hat, spürt auch eine „gesteigerte Dynamik“, seit Graz den Titel „City of Design“trägt: „Das Bewusstsein der Bevölkerung wird geschärft, dass alles, was uns umgibt, Design ist. Das ist gut so.“
Als Architekt hat sich Lesjak unter anderem mit innovativen Bürogestaltungen profilieren können. So können etwa die Mitarbeiter im Wiener Microsoft Headquarter auf Rutschen eine Etage tiefer gelangen oder sich in gemütlichen Bean-Bags ausruhen. Die als „Arbeitsspeicher“konzipierten Großraumbüros sind wiederum mit warmen, weichen Materialien und einer optimalen Raumakustik ausgestattet. Auch die Innenarchitektur der Wiener ÖBB-Konzernzentrale wurde von Innocad gestaltet. Hier wurde auf 24 Stockwerken ein Open-Space-Konzept realisiert, bei dem insgesamt 1100 Vorhänge mit einer Gesamtlänge von 2,5 Kilometern als Raumteiler eingesetzt werden. Die Vorhänge können sich auf 3,5 Kilometer langen Schienen nahezu geräuschlos bewegen, die Motive der Textilien suggerieren ein fortlaufendes Bild und sollen an eine Zugreise quer durch Österreich erinnern.
Spielerische Elemente wie diese sind Martin Lesjak ebenso wichtig wie ökologische Verträglichkeit, die Zusammenarbeit mit lokalen Herstellern und eine gewisse Zeitlosigkeit, die seine Entwürfe prägen soll: „Auch bei den Brillen versuche ich, Produkte zu entwerfen, die Klassiker werden können.“So pendelt der gebürtige Judenburger weiter zwischen den Kontinenten, realisiert in Saudi-Arabien beispielsweise einen Bürokomplex, erarbeitet in Italien neue Beleuchtungskörper und präsentiert auf einer Designmesse in Chicago Office-Möbel, die mehr Lust am Arbeitsplatz verbreiten sollen. In allen Bereichen gelte es, neue Wege, Methoden und Materialien auszuprobieren, neugierig zu sein, erklärt Lesjak: „Von den kleinen und großen Dingen des Lebens lasse ich mich gleichermaßen inspirieren – von der wunderbaren Vielfalt des Lebens.“