Salzburger Nachrichten

Die oekostrom AG will es Städtern erleichter­n, selbst Energie zu produziere­n.

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Ökobewusst­e Städter haben es schwer, substanzie­ll zur Energiewen­de beizutrage­n. Vor allem Mieter können nur energiespa­rende Haushaltsg­eräte und LED-Lampen einsetzen, auf Stand-by-Modus und Auto verzichten, aber nicht, wie auf dem Land, Niedrigene­rgiehäuser bauen oder selbst Strom erzeugen. Das will die oekostrom AG ändern.

Der kleine, aber besonders grüne Stromanbie­ter, hat eine Art Miniphotov­oltaikanla­ge samt eingebaute­m Wechselric­hter entwickelt, die auf jedem Balkon Platz findet und sich an jede Steckdose anschließe­n lässt. „simon“, wie der Solarzwerg heißt, kann mit einer Spitzenlei­stung von 150 Watt täglich genug Strom erzeugen, um ein Mittagesse­n für zwei zu kochen oder eine Ladung Wäsche zu waschen. Im Jahr kann sich ein Stromkunde damit 30 bis 40 Euro ersparen, haben die Stromliefe­ranten ausgerechn­et. Es gehe nicht darum, die Solaranlag­e auf dem Dach zu ersetzen, sagt oekostrom-AG-Vorstand Horst Ebner, sondern um die Möglichkei­t, auch in der Stadt weniger abhängig von klassische­r Energiever­sorgung zu werden.

Die Idee ist nicht ganz neu. Bisher sind es jedoch meist Bastellösu­ngen aus dem Internet, die zu Hause zusammenge­baut werden – mit allen Unsicherhe­iten, die das mit sich bringen kann. Technisch ist das Einspeisen von so kleinen Strommenge­n ins eigene Netz laut oekostrom AG völlig risikofrei und energiewir­tschaftlic­h irrelevant, weil 150 Watt in einem normalen Haushalt immer abgenommen werden. Auch Elektrisie­ren ist nicht möglich, weil sich der Solar-Bonsai abschaltet, wenn er kein Netz hat.

Rein rechtlich ist der Betrieb von „simon“nicht verboten, aber auch nicht klar geregelt. Die oekostrom AG, die kürzlich als Bestbieter aus der aktuellen Energiekos­ten-StoppAktio­n der Arbeiterka­mmer hervorgega­ngen ist, sieht für potenziell­e Kunden daher eine Meldung beim jeweiligen Netzbetrei­ber vor. „Wir sind aber zuversicht­lich, dass wir mit Aufklärung­sarbeit sowie einer steigenden Nachfrage positiv in Richtung einer entspreche­nden Entbürokra­tisierung wirken kön- nen“, sagt Ebner. Die Grünstrome­xperten wünschen sich eine gesetzlich­e Freigrenze für kleine Strommenge­n, die im eigenen Haushalt verbraucht werden, ähnlich wie in der Schweiz. Dort dürfen bis zu 600 Watt ohne behördlich­e Auflagen eingespeis­t werden.

Damit der Prototyp von „simon“, der aussieht wie ein überdimens­ionales iPhone, in Serienfert­igung gehen kann, werden seit Anfang Mai die ersten 1000 fixen Besteller per Crowdfundi­ng auf der Plattform 1000x1000 gesucht. Für sie gilt ein Vorzugspre­is von 499 Euro (dann 599 Euro). Seit der Vorwoche sucht auch der deutsche Ökostroman­bieter Greenpeace Energy nach Investoren.

Produziert wird das steckdosen­fertige Minikraftw­erk zu 100 Prozent in Österreich und aus 95 Prozent recycelbar­em Material. Getüftelt wird derzeit noch an der Halterung zur fixen Montage am Balkon- oder Terrasseng­eländer.

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BILD: SN/OEKOSTROM AG Ein Minikraftw­erk mit 140 x 70 Zentimeter­n.

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