„Durchlaucht“müsste zahlen
Seit 1919 ist in Österreich die Führung von Adelstiteln unter Strafe verboten. Eine Politikerin unserer Tage hält die dafür angedrohten Strafen – mit Verlaub – für lächerlich.
Am 3. April 1919 hat das Parlament Deutschösterreichs per Gesetz die Aufhebung des Adels beschlossen. Mit dieser Norm wurden der Adel, seine äußeren Ehrenvorzüge sowie andere Ehrenvorzüge österreichischer Staatsangehöriger aufgehoben. Die Führung der Titel ist seither unter Strafe verboten.
Aus dem „Gesetz über die Aufhebung des Adels, der weltlichen Ritter- und Damenorden und gewisser Titel und Würden“seien – zum besseren Verständnis – die ersten beiden Paragrafen zitiert: § 1.: Der Adel, seine äußeren Ehrenvorzüge sowie bloß zur Auszeichnung verliehene, mit einer amtlichen Stellung, dem Beruf oder einer wissenschaftlichen oder künstlerischen Befähigung nicht im Zusammenhange stehenden Titel und Würden und die damit verbundenen Ehrenvorzüge österreichischer Staatsbürger werden aufgehoben. § 2.: Die Führung dieser Adelsbezeichnungen, Titel und Würden ist untersagt. Übertretungen werden von den politischen Behörden mit Geld bis zu 20.000 K oder Arrest bis zu sechs Monaten bestraft.
Das Adelsaufhebungsgesetz gilt nach Artikel 149 Absatz 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes als Verfassungsnorm. Aufgrund desselben erging die „Vollzugsanweisung des Staatsamtes für Inneres und Unterricht und des Staatsamtes für Justiz, im Einvernehmen mit den beteiligten Staatsämtern vom 18. April 1919, über die Aufhebung des Adels und gewisser Titel und Würden“. Die Vollzugsanordnung enthält Bestimmungen, wie das Gesetz zu exekutieren sei:
Aufgehoben sind u. a.: das Recht zur Führung des Adelszeichens „von“; das Recht zur Führung von Prädikaten, zu welchen neben den zugestandenen, die Familien unterscheidenden Adelsprädikaten im engeren Sinne auch das Ehrenwort Edler sowie die Prädikate Erlaucht, Durchlaucht und Hoheit gezählt wurden; das Recht zur Führung der adeligen Standesbezeichnungen, wie z. B. Ritter, Freiherr, Graf und Fürst, dann des Würdetitels Herzog, sowie anderer einschlägiger in- und ausländischer Standesbezeichnungen; das Recht zur Führung gewisser ausländischer, an sich nicht immer mit einem Adelsvorzuge verbundener Titel, wie z. B. Conte, Conta Palatino, Marchese, Marchio Romanus, Comes Romanus, Baro Romanus ec., selbst wenn es nichtadeligen Familien zukam.
Strafbar ist hienach nicht nur die Führung solcher Bezeichnungen im öffentlichen Verkehr, das heißt im Verkehr mit Behörden und öffentlichen Stellen sowie in an die Öffentlichkeit gerichteten Mitteilungen und Äußerungen, sondern auch die Führung im rein gesellschaftlichen Verkehr und der Gebrauch von Kennzeichen, die einen Hinweis auf den früheren Adel oder auf aufgehobene Titel oder Würden enthalten, soferne darin eine dauernde oder herausfordernde Mißachtung (sic!) des Gesetzes zu erblicken ist.
Nachdem in Österreich Titel besonders beliebt sind, sei erwähnt, dass die von den öffentlichen Stellen verliehenen Amtstitel nicht aufgehoben wurden. Es gibt bekanntlich nach wie vor den Bau-, Hof-, Medizinal- und Regierungsrat sowie viele andere, inzwischen sind alle diese Titel gegendert. Hof- und Medizinalrätinnen sowie Kommerzial- und Veterinärrätinnen sind keine Seltenheit mehr.
Die Führung der Adelstitel ist nicht gerichtlich strafbar, sondern eine Verwaltungsübertretung. Die Verwendung der Titel ist im Verkehr mit Ämtern und Behörden sowie öffentlichen Stellen beziehungsweise in an die Öffentlichkeit gerichteten Äußerungen und Mit- teilungen rechtswidrig. Der Gebrauch im gesellschaftlichen Verkehr, bei dem auf frühere oder aufgehobene Titel hingewiesen wird, wird dann ohne Sanktionen bleiben, wenn er nicht eine Missachtung der Bestimmungen des Adelsaufhebungsgesetzes darstellt.
Die jeweilige Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft oder Magistrat) ist zuständig für die Bestrafung der Führung von Adelsbezeichnungen. Die Geldstrafe von 20.000 Kronen wurde in 4000 Schilling geändert und entspricht heute 290 Euro.
Nun hat eine Abgeordnete zum Nationalrat gefordert, die Strafe möge angehoben werden, zumal jene aus dem Adelsaufhebungsgesetz einem Betrag von 14 Cent gleichkommt. Sie hat einen Entschließungsantrag eingebracht. Zum Zeitpunkt der Normierung waren 20.000 Kronen eine erkleckliche Summe. Ein qualifizierter Metallarbeiter kam im Jahr 1919 auf einen Wochenlohn von 280 Kronen.
Begründet hat die Abgeordnete ihren Antrag logisch. Eine niedrige Strafe habe keine abschreckende Wirkung, niemand würde bei einer solchen Sanktion mit dem rechtswidrigen Verhalten aufhören, wobei sie auf das republikanische Prinzip Österreichs verwies, worin ihr beizupflichten ist.
Fraglich ist, ob die Norm so einfach zu modifizieren sein wird, zumal sie im Verfassungsrang steht, weshalb man für eine Änderung eine Zweidrittelmehrheit im Nationalrat benötigt. Totes Recht ist sie jedoch nicht. So stammt z. B. eine Entscheidung aus 2007 vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien, der einen vermeintlichen Freiherrn verurteilt hat. Derzeit sind die Standpunkte der politischen Parteien noch nicht bekannt. (Vgl.: Ferk: Ulrich Habsburg-Lothringen. Aristokrat – Demokrat – Grüner. Styria.)