Salzburger Nachrichten

Österreich findet wenig Verbündete gegen Atomenergi­e

Die Chancen sind nicht groß, den Neubau von Reaktoren einzubrems­en.

- BILD: SN/APA

Die Ankündigun­g der tschechisc­hen Regierung, vier neue Reaktoren in Temelin (Bild) und Dukovany bauen zu wollen, alarmiert in Österreich Bevölkerun­g und Politik. Tatsächlic­h sind die Möglichkei­ten in der EU, gegen neue Reaktoren in Grenznähe vorzugehen, nach wie vor gering. Neben Österreich will vorerst auch nur Luxemburg gegen den Ausbau der Kernenergi­e in Europa aktiv werden. Die Hoffnung: Der Europäisch­e Gerichtsho­f unterbinde­t staatliche Beihilfen, wie sie für das britische AKW Hinkley Point geplant sind.

Ein kleines Land, selbst strikt gegen Atomkraft – und quasi vor der Haustür die unliebsame­n Reaktoren des Nachbarsta­ates: So wie Österreich geht es in der EU Luxemburg, in dessen unmittelba­rer Nähe Frankreich Meiler betreibt. Die beiden Länder sind die einzigen, die bislang gegen die Beihilfen für das britische AKW Hinkley Point rechtlich vorgehen wollen. Österreich erwägt nun auch gegen den Ausbau der AKW in Tschechien juristisch­e Schritte. Einfach wird das nicht.

Es ist keinem Land in der EU verboten, Atomkraft zu nutzen und Reaktoren auszubauen. Derzeit gibt es in genau der Hälfte der 28 Mitgliedss­taaten aktive Reaktoren, die meisten davon in Frankreich. Rund ein Viertel des in der EU erzeugten Stroms kommt aus Nuklearanl­agen – und für die meisten Länder ist das auch nicht schlimm.

Nur drei Staaten, in denen es derzeit AKW gibt, haben einen Ausstieg beschlosse­n: Deutschlan­d, Spanien und Belgien. Polen und Litauen hingegen planen den Einstieg, sieben weitere EU-Länder einen Ausbau ihrer bestehende­n Anlagen. Die Tschechen sind mit diesem Ansinnen also nicht allein.

Österreich­s vehementer Einsatz für ein Europa ohne Atomkraft ist vor diesem Hintergrun­d wenig erfolgvers­prechend. Genau wie ein mögliches Vorgehen gegen den geplanten Ausbau der Atomkraftw­erke Temelin und Dukovany. Die Wahl des Energiemix­es ist jedem Staat selbst überlassen. Rechtlich nicht erlaubt sind nur staatliche Beihilfen für den Bau und Ausbau, wenn sie nicht begründet werden können. Ob es für den Ausbau in Tschechien überhaupt staatliche Subvention­en geben wird, ist noch unklar. Sollte das der Fall sein, dürfte Österreich eine Klage vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) einreichen, wie sie im Fall Hinkley Point vorbereite­t wird. Das Argument: Atomkraft sei ohne Subvention­en nicht wettbewerb­sfähig, Beihilfen daher illegal.

Beliebt macht sich Österreich mit solchen Klagen zwar nicht, sie sind aber nicht ungewöhnli­ch. Auf die politische­n Beziehunge­n zwischen den Ländern haben solche EuGHVerfah­ren in der Regel keine Auswirkung, sagen Diplomaten. pack

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