Wie man eine Steuerreform ruiniert
Warum jetzt plötzlich alle das Bankgeheimnis retten wollen. Und warum der Finanzminister zurücktreten sollte.
Das Gezeter der Spitzenpolitik um den Wegfall des Bankgeheimnisses zeigt eines ganz deutlich: So kann Politik nicht funktionieren. Rekapitulieren wir:
Vergangene Woche beschloss der Ministerrat einstimmig den Entwurf für die Steuerreform, darunter die faktische Abschaffung des Bankgeheimnisses. Warum? Weil die Regierung anders nicht an die 1,9 Milliarden zu kommen glaubt, die sie unter dem Titel „Betrugsbekämpfung“in ihr Gegenfinanzierungskonzept geschrieben hat. Am Donnerstag meldete der steirische ÖVP-Chef Hermann Schützenhöfer Protest an. Warum? Weil Landtagswahlkampf ist und er mit einem Bundesthema von der Steiermark ablenken will. Gleich darauf sprach Niederösterreichs Landesfürst Erwin Pröll von „massiven Bedenken“gegen den Wegfall des Bankgeheimnisses. Warum? Weil er Finanzminister Hans Jörg Schelling, der sich mehrmals an der Allmacht der Landesfürsten versündigt hat, nicht leiden kann. Unverzüglich schloss sich Innenministerin Johanna Mikl-Leitner, die im Ministerrat das ganze Paket brav abgenickt hat, Erwin Pröll an. Warum? Weil sie es sich nicht mit ihrem mächtigen Mentor verderben möchte. Sodann traten dem Chor der Bankgeheimnisretter unter anderem die ÖVP-Chefs von Wien, Kärnten und Burgenland bei. Warum? Damit man merkt, dass es sie gibt. Schließ- lich knickte ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka ein. In einer Aussendung kündigte er Änderungen am Begutachtungsentwurf an, denn bei diesem handle es sich lediglich um „den Wunsch der Spitzenbeamten des Finanzministeriums“. Diese mehr als kühne Behauptung sollte Minister Schelling eigentlich veranlassen, der ÖVP sein Amt mit den geflügelten Worten „Macht euren Dreck allein“vor die Füße zu werfen. Denn das angebliche Beamtenpapier ist vergangene Woche von Schelling persönlich präsentiert worden, verbunden mit der Versicherung des Ministers, dass an dem Entwurf keine wesentlichen Änderungen mehr vorgenommen würden.
Man kann den Wegfall des Bankgeheimnisses begrüßen oder bedauern, doch um solch sachliche Überlegungen geht es hier nicht. Hier wollen einige ihr Mütchen am Bund kühlen. Andere wollen dem Finanzminister eins auswischen. Wieder andere wollen am Biertisch punkten. Und mancher möchte sich durch besonders populistische Beiträge für zukünftige Ämter in Stellung bringen. Dass die Steuerreform, die noch nicht einmal vom Parlament beschlossen wurde, in aller Öffentlichkeit ruiniert wird, nehmen sie gern in Kauf.