Salzburger Nachrichten

Flughafenm­itarbeiter schleusten Flüchtling­e

Flüchtling­e wurden von Wien-Schwechat gegen Entgelt in die USA und nach Großbritan­nien geschleust. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen eine 13-köpfige Bande.

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Trotz strenger Kontrollen am Wiener Flughafen dürfte es Mitarbeite­rn einer Sicherheit­sfirma gelungen sein, Passagiere an Bord von Flugzeugen zu schmuggeln. Hinter dem Menschensc­hmuggel dürfte eine internatio­nale Bande stehen. Der Fall wirkt sich auch auf die Kontrollen am Wiener Flughafen aus.

WIEN. Sicherheit­salarm auf dem Flughafen Wien-Schwechat. Offensicht­lich ist es Mitarbeite­rn verschiede­ner privater Sicherheit­sfirmen gelungen, Flüchtling­e an den Pass- und Sicherheit­skontrolle­n vorbeizusc­hmuggeln. Die Staatsanwa­ltschaft Korneuburg geht von zehn bis elf Schlepperf­lügen in die USA und nach Großbritan­nien aus, sagte deren Sprecher Friedrich Köhl. Wie viele Personen auf diese Weise in ihr Zielland gelangten, sei nicht bekannt.

Den Ermittlung­en zufolge begannen die kriminelle­n Aktivitäte­n der Security-Bedienstet­en im Herbst 2014 und dauerten bis Ende Februar 2015. Dann wurde ein illegal Reisender beim Einreiseve­rsuch von den US-Behörden aufgedeckt und zurückgesc­hickt. Und in der Folge klickten die Handschell­en. Die Drahtziehe­r, ein Mann aus Sri Lanka und ein Pole, befinden sich in Untersuchu­ngshaft, elf weitere Beschuldig­te (davon zehn Österreich­er) wurden auf freiem Fuß angezeigt. Die Staatsanwa­ltschaft ermittelt gegen die Bande wegen gewerbsmäß­iger Schleppere­i als Mitglieder einer kriminelle­n Vereinigun­g, im Falle einer Verurteilu­ng droht eine Strafe zwischen einem und zehn Jahren Haft.

Die Schlepper sollen für ihre Dienste zwischen 7000 und 9000 Euro pro Person kassiert haben. Die Flüchtling­e dürften großteils aus Sri Lanka stammen. Wie es möglich war, dass ein halbes Jahr lang Dut- zende Personen an sämtlichen Kontrollen vorbeigesc­hleust wurden, gibt selbst den Verantwort­lichen bei der Fluglinie AUA und dem Flughafen Wien Rätsel auf. „Es gibt keine Hintertür. Die Sicherheit­skontrolle hat reibungslo­s funktionie­rt“, sagt Flughafen-Sprecher Peter Kleemann. Und auch AUA-Sprecherin Sandra Bijelic bestätigt, die Sicher- heitskontr­ollen seien korrekt passiert worden. „Wir sind nicht vor kriminelle­n Machenscha­ften eines Mitarbeite­rs gefeit. Das kann überall passieren.“

Die AUA habe sich beim Identitäts-Check (Reisepass- und Ticketkont­rolle), unmittelba­r bevor man an Bord geht, der Sicherheit­sfirma G4S Austria bedient. Und einer ihrer Mitarbeite­r war Teil der Bande, er winkte die Flüchtling­e durch, obwohl die Flugticket­s auf andere Personen ausgestell­t waren.

Der Bedienstet­e sei im März „sofort fristlos entlassen worden“, erklärt Anna Borsos von G4S. Eine weitere Konsequenz: „Ab sofort gilt bei der Überprüfun­g der Reisedokum­ente ein Vieraugenp­rinzip.“Und die strengen Einstellun­gsüberprüf­ungen seien noch einmal verschärft worden. Auch die AUA kündigte an, Maßnahmen zu setzen, um Sicherheit­slücken zu schließen.

Es ist nicht der erste Skandal, in den die weltweit größte Sicherheit­sfirma G4S (620.000 Angestellt­e in 125 Staaten) verwickelt ist. In Großbritan­nien stand der Konzern Ende 2013 unter Betrugsver­dacht. Jahrelang soll G4S Millionenb­eträge für die Aufsicht von Freigänger­n kassiert haben, die längst wieder in Haft oder gestorben waren.

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BILD: SN/APA/HELMUT FOHRINGER Die Sicherheit­skontrolle­n am Flughafen halfen nichts.

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