Wird die Arbeitszeit weiter verkürzt?
Wichtiger als Zeitverkürzungen werden Zeitverschiebungen.
Noch zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts gab es bekanntlich in manchen Fabriken die 72-StundenWoche. Die rasante Mechanisierung von Arbeitsprozessen einerseits und die Umsetzung von Konzepten der sozialen Marktwirtschaft andererseits ermöglichten im Laufe des 20. Jahrhunderts beinahe eine Halbierung der Arbeitszeit. Dazu kamen noch mehrere Wochen Erholungsurlaub, klare Regelungen für den Ruhestand sowie der von Arbeitgebern und Arbeitnehmern einvernehmlich ausgehandelte Umgang mit der Tages-, Wochen-, Jahres- und Lebensarbeitszeit. Kommt es bis 2033 zu einer weiteren starken Verkürzung der Arbeitszeit? Nur 25 Prozent der Österreicher glauben an diese Entwicklung. Extrem skeptisch ist der jüngere Teil der Bevölkerung, überdurchschnittlich optimistisch dage- gen die Altersgruppe 60 plus. Dieses zurückhaltende Meinungsbild ist durchaus plausibel. Denn in mittelfristiger Perspektive sind bei der Regelarbeitszeit keine spektakulären Sprünge zu erwarten. Verkürzungen werden sich vor allem durch zwei Entwicklungen ergeben, ers- tens faktisch wegen der weiteren Zunahme von Teilzeitarbeit und zweitens demografisch, weil das Ausmaß der lebenslangen Arbeitszeit langsamer steigen wird als die Lebenserwartung. Wichtiger als die Zeitverkürzungen werden die Zeitverschiebungen im Verlauf des Berufslebens sein. So wird sich etwa bei immer mehr jüngeren Menschen der Start der Berufstätigkeit wegen der längeren Ausbildungszeiten verzögern. Gleichzeitig werden der Ausstieg aus dem Arbeitsleben und der Einstieg in das nachberufliche Leben später erfolgen als heute. Außerdem wird die Berufslaufbahn häufiger unterbrochen, durch Phasen der Arbeitssuche oder Karenzzeiten für die lebensbegleitende Weiterbildung sowie für die Betreuung von Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen.
Österreich 2033
Reinhold Popp (Univ.-Prof., Zukunftsforscher) und Ernestine Depner-Berger (Institut für Grundlagenforschung).