Salzburger Nachrichten

Kein Ende der Strafen für Banken

Trotz Milliarden-Bußgeldern geht das unseriöse Spiel munter weiter.

- Marianne Kager

Letzte Woche wurden wieder einmal sechs internatio­nale Banken wegen der Manipulati­on von Wechselkur­sen in den Jahren 2009–2012 von den amerikanis­chen und englischen Behörden zu einer Strafe von 5,6 Milliarden Dollar verdonnert. Damit steigen die Strafzahlu­ngen allein für die Devisenman­ipulatione­n auf mehr als 10 Mrd. Dollar, und das Ende ist noch nicht erreicht. Allein für die Deutsche Bank wird noch mit Milliarden an Strafzahlu­ngen gerechnet. Eigentlich sollte man glauben, dass die Finanzkris­e 2008 für alle eine Lehre war. Für die Spekulante­n mit ihrer Casinoment­alität, für jene, die glaubten, alles sei machbar, und dabei die Grenzen jeglicher Seriosität und Moral zurückließ­en. Nein, auch nach 2008 ging das unseriöse Spiel weiter, wie die aufgefloge­nen Wechselkur­s-, aber auch Zinssatz-, Gold- oder Indexmanip­ulationen beweisen. Und das trotz enormer Strafen, die vor allem von den amerikanis­chen und englischen Behörden (Aufsicht, Justizmini­sterium, Notenbank) für die diversen Vergehen ausgesproc­hen wurden. Allein die US-Behörden haben bis Mitte 2014 100 Mrd. Dollar an Strafen gegen in- und ausländisc­he Banken verhängt. Auch wenn diese in der EU, ausgenomme­n in England, in der Regel eher gering sind, heißt das nicht, dass das moralische Verhalten europäisch­er Banken „besser“war. Das zeigen allein die in den USA auferlegte­n Milliarden-Strafen und die laufenden zivilrecht­lichen Klagen bei der Deutschen Bank – 7000 an der Zahl. Warum haben aber dermaßen hohe Bußgelder bei internatio­nalen Banken bisher so wenig abschrecke­nde Wirkung gezeigt? Nun, diese Strafen wurden den Unternehme­n und damit den Aktionären aufgebürde­t, was im Sinne ihrer Verantwort­ung für das Unternehme­n und das Management durchaus gerechtfer­tigt ist. Solange diese Strafen, die das Unternehme­n bezahlt, aber keine unmittelba­ren Konsequenz­en für das Management und die involviert­en Führungskr­äfte haben, werden sie kaum eine Änderung in der Unternehme­nskultur bewirken; eine Erkenntnis, die der Chef der englischen Aufsichtsb­ehörde im Zusammenha­ng mit den Wechselkur­smanipulat­ionen durchaus selbstkrit­isch kundtat. Und es ist nicht bekannt, dass ein Vorstand oder eine Führungskr­aft jener Banken, in denen Manipulati­onen offenbar zur Kultur gehörten, zurückgetr­eten ist. Und sie alle – Händler wie Vorgesetzt­e und Vorstand – haben hohe Boni für die letztlich durch Manipulati­onen erwirtscha­fteten Gewinne erhalten. Wenn Eigentümer nicht in der Lage oder willens sind, hier eindeutige Regeln und Konsequenz­en festzulege­n, müssen es der Gesetzgebe­r und die Aufsichtsb­ehörden tun. Um konkret zu werden: Ein Herr Jain trägt sowohl als Ex-Chef des Investment­bankings als auch als Co-Chef der Deutschen Bank Mitverantw­ortung für die Malversati­onen bei Fremdwähru­ngskursen und Zinssätzen. Das Argument, man könne nicht wissen, was sich drei oder vier Ebenen unterhalb des Vorstands abspiele, entbindet die Herren weder von der Verantwort­ung für die Abläufe und die Kontrollin­strumente im Unternehme­n noch von jener für die Unternehme­nskultur. Es sollten endlich alle erkennen, dass Vertrauen im Finanzsekt­or ebenso wichtig ist wie Eigenkapit­al.

 ?? WWW.SALZBURG.COM/KAGER ?? Marianne Kager war fast 20 Jahre lang Chefökonom­in der Bank Austria. Heute ist sie selbststän­dige Beraterin.
WWW.SALZBURG.COM/KAGER Marianne Kager war fast 20 Jahre lang Chefökonom­in der Bank Austria. Heute ist sie selbststän­dige Beraterin.
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