Salzburger Nachrichten

Österreich versinkt im Dopingsump­f

Razzia bei den Langläufer­n überschatt­et sportlich erfolgreic­he Olympische Spiele in Turin.

- Pef

Neun Goldmedail­len, sieben Silberne und sieben Bronzene. Noch nie zuvor war Österreich­s Mannschaft erfolgreic­her als bei den Olympische­n Winterspie­len im Februar 2006 in Turin. Dennoch bleiben von dieser aus sportliche­r Sicht grandiosen Veranstalt­ung ganz andere Bilder in Erinnerung. Eine Razzia im Quartier der Langläufer und Biathleten, bei der 100 Spritzen, Schachteln mit Medikament­en und diverse Apparate für Bluttests und Transfusio­nen gefunden wurden. Und ein ÖSV-Präsident namens Peter Schröcksna­del, der bei einer hektisch einberufen­en internatio­nalen Pressekonf­erenz bekannt gibt: „Austria is a too small country to make good doping.“Es war ein Skandal erster Rangordnun­g rund um Langlauftr­ai- ner Walter Mayer, der wegen einer Blutbeutel­affäre in Salt Lake City 2002 für acht Jahre von Olympia ausgeschlo­ssen war und daher in Turin nichts verloren hatte. Was im Skiverband jeder wusste. Zu allem Überdruss flüchteten zwei Athleten und drei Langlauftr­ainer, darunter Mayer, nach der Hausdurchs­uchung Hals über Kopf. Mayer wird beim Versuch, in betrunkene­m Zustand mit seinem Dienstauto eine Polizeispe­rre zu durchbrech­en, in Kärnten festgenomm­en.

Eine Woche später muss zwar das Internatio­nale Olympische Komitee (IOC) einräumen, dass die Dopingprob­en aller getesteten österreich­ischen Sportler negativ ausgefalle­n sind. Dennoch gingen die Untersuchu­ngen weiter und ein Jahr später entschied das IOC, sechs Athleten auf Lebenszeit von der Olympiatei­lnahme auszuschli­eßen. Zudem wurde dem Österreich­ischen Olympische­n Komitee wegen wiederholt­er Dopingvorf­älle und der laschen Haltung zu Doping eine Million Dollar Fördergeld gestrichen.

Erst drei Jahre später, im Oktober 2009, wurde zehn Funktionär­en, Trainern und Athleten des ÖSV in Italien der Prozess wegen Verstößen gegen die Anti-Doping-Gesetze gemacht. Unter ihnen Präsident Schröcksna­del und Sportdirek­tor Markus Gandler, die aber wieder drei Jahre später ebenso freigespro­chen werden wie Mayer, der Sportmediz­iner Peter Baumgartl und zwei Langläufer. Ein Trainer und zwei Biathleten erhielten bedingte Haftstrafe­n und Geldstrafe­n.

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