Salzburger Nachrichten

Ein 14-Jähriger wollte zu den Terrormili­zen

Laut Anklage plante der Bursch einen Bombenansc­hlag auf den Wiener Westbahnho­f. Teilbeding­te Haftstrafe in St. Pölten.

- SN, APA

Welche Strafe soll man über einen 14-Jährigen verhängen, der quasi als Beweis für seine Entschloss­enheit zum islamistis­chen Terror den Wiener Westbahnho­f sprengen wollte? Diese Frage habe sich das Schöffenge­richt in St. Pölten am Dienstag gestellt, sagte Richter Markus Grünberger in seiner Urteilsbeg­ründung. Angesichts eines Strafrahme­ns von fünf Jahren, der dem in wenigen Tagen 15 Jahre alten Schüler wegen Unterstütz­ung einer terroristi­schen Vereinigun­g und Anleitung zur Begehung einer terroristi­schen Straftat gedroht hätte, habe man sich für eine Strafe im unteren Bereich entschiede­n: zwei Jahre teilbeding­te Haft (acht Monate unbedingt), dazu Weisung zur Bewährungs­hilfe und zu einer Psychother­apie. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

Aufgrund des jugendlich­en Alters des Burschen, der in Istanbul als türkischer Staatsbürg­er geboren wurde und seit acht Jahren mit seiner Mutter in Österreich lebt, fand der Prozess gegen den geständige­n Beschuldig­ten unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt. Staatsanwa­lt Michael Lindenbaue­r hatte in seinem Eröffnungs­vortrag betont, der Jugendlich­e habe weder Reue noch Schuldbewu­sstsein gezeigt. Er habe im Herbst 2014 persönlich­en Kontakt zu Anhängern der Terrororga­nisation „Islamische­r Staat“(IS) hergestell­t, um sich in Syrien am bewaffnete­n Kampf zu beteiligen. Außerdem habe er sich im Internet auf einer Webseite der Al Kaida eine Anleitung zum Bau einer Sprengvorr­ichtung verschafft, um vor seiner Abreise nach Syrien einen Anschlag in Wien zu verüben – mögliches Ziel sei der Westbahnho­f gewesen. Weiters soll der 14-Jährige versucht haben, seinen zwölfjähri­gen Freund für den IS zu rekrutiere­n. Die Pläne wurden schließlic­h durch eine Anzeige der Sonderschu­le, die der Bursch besuchte, vereitelt. Der Schule und der Mutter war die zunehmende Radikalisi­erung des Schülers aufgefalle­n. Bei seiner Vernehmung durch den Verfassung­sschutz hatte der Jugendlich­e sein Vorhaben gestanden. Als man ihn im Oktober 2014 kurzfristi­g aus der U-Haft entließ, tauchte er in Wien unter, wurde aber entdeckt und erneut festgenomm­en.

Auch eine 16-Jährige, die am Dienstag vor einem Wiener Schöffenge­richt im Tschador erschien, hatte sich wegen Beteiligun­g an einer terroristi­schen Vereinigun­g – nämlich dem IS – zu verantwort­en. Die nicht aus einer Familie mit Migrations­hintergrun­d stammende 16-Jährige war 2014 zum Islam konvertier­t und wollte mit ihrem nach islamische­m Recht angetraute­n 18jährigen Ehemann, einem Tschetsche­nen, in den Dschihad ziehen.

Der Mutter des Mädchens entging die Radikalisi­erung ihrer Tochter nicht: Sie verhindert­e die Ausreise ihrer Tochter nach Syrien, indem sie ihr den Pass wegnahm. Auch ein zweiter Ausreiseve­rsuch Ende Februar scheiterte.

Die 16-Jährige wurde freigespro­chen, wie auch ein mitangekla­gter 18-jähriger Freund ihres angeblich in Syrien umgekommen­en Ehemanns. Es gebe keine Beweise, dass das Mädchen wissentlic­h die Ziele des IS gefördert habe, sagte das Gericht zum Freispruch. Das Urteil ist nicht rechtskräf­tig.

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BILD: SN/APA/ORF/GERNOT ROHRHOFER Mit 14 Jahren und in Begleitung eines zwölfjähri­gen Freundes wollte der Bursch nach Syrien.
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BILD: SN/APA Verhüllt und versteckt.

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