Ist doch wurscht, was der depperte Wähler sagt
Politikeraussagen am Wahlabend? Eine unvergleichliche Mischung aus Hochmut und Realitätsverweigerung.
Was sagen zwei Koalitionspartner, die soeben etwa ein Viertel ihrer Stimmen verloren und damit nach eigener Einschätzung ein politisches Erdbeben erlebt haben? Sie sagen: „Wir werden die Reformpartnerschaft in einer Zukunftspartnerschaft weiterführen.“
Was sagt ein SPÖ-Landeshauptmann, der vor der Wahl versprochen hat, bei einem Ergebnis unter 30 Prozent zurückzutreten, wenn er dann tatsächlich weniger als 30 Prozent erhält? Er sagt: „0,7 oder 0,8 Prozent sollen nicht entscheidend sein. Ich verstehe das Ergebnis als Auftrag und bleibe.“
Was sagt ein ÖVP-Landesparteichef, dessen Vorgänger das Land jahrzehntelang mit Mehrheiten weit jenseits der 50 Prozent regiert haben, wenn er selbst weniger als 29 Prozent bekommt? Er sagt: „Das Ergebnis ist brauchbar, um die Politik fortzusetzen.“
Was sagt ein Minister, dessen politische Heimat, die burgenländische SPÖ, soeben drei Mandate und damit die Mehrheit im Bundesland verloren hat? Er sagt: „Im Vergleich zur Steiermark ist das Ergebnis positiv.“
Was sagt ein ÖVP-Bundesparteiobmann, dessen Politik von den Wählern ganz offensichtlich in stark schwindendem Ausmaß anerkannt wird? Er sagt: „Wir müssen in Zukunft besser kommunizieren und näher an den Bürger herankommen, um ihm die komplizierten Dinge zu erklären.“
Was sagt der Sekretär einer Wiener Partei, die seit Jahren nichts zu bieten hat als Brot und Spiele? Er sagt: „Wir werden der Hetze der FPÖ im Wahlkampf Inhalte entgegensetzen.“
Und was sagt ein Bundeskanzler und SPÖChef, der durch beharrliche Reformverweigerung der FPÖ einen Wahlsieg nach dem anderen beschert? Er sagt: „Reformen, die das Land braucht, sind durchzuführen. Wenn man von etwas überzeugt ist als Politiker, dann soll man das auch tun und sich nicht abhalten lassen.“
Welche Drogen nehmen die alle? Die Aussagen der allermeisten Politiker aus dem Regierungslager am Sonntagabend waren eine unvergleichliche Mischung aus Hochmut, Realitätsverweigerung und Unwahrheit.
Früher, da hatte so etwas noch Konsequenzen. Als 1994 ein Arbeiterkammerpräsident das Fünf-Prozentpunkte-Minus seiner Partei bei der AK-Wahl am Wahlabend als „ganz, ganz großartigen Erfolg“bezeichnete, flog er deswegen hochkant aus dem Amt.
Heute sind solche Aussagen gang und gäbe. Aber die steirischen und burgenländischen Roten und Schwarzen können bei ihrer Missachtung des Wählerwillens ja kühl lächelnd auf ihre Bundesparteien verweisen. Die sind im Laufe der Zeit auch von über 90 auf nunmehr 50 Prozent heruntergerasselt und machen dennoch weiter, als ob nichts gewesen wäre.
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