Salzburger Nachrichten

Auf Io brodelt ein Vulkansee

Das „Large Binocular Telescope“zeigt erstmals von der Erde aus einen riesigen Lavasee auf der Oberfläche des feurigen Jupitermon­des Io.

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WIEN. In den Weiten des Alls findet ein seit Ewigkeiten andauernde­s Schauspiel statt, das seinesglei­chen in unserem Sonnensyst­em sucht. Es handelt sich um einen Lavasee. Er brodelt vor sich hin und verändert hin und wieder seine Gestalt. Einem internatio­nalen Astronomen­team gelang es, diesen spektakulä­ren See auf dem Jupitermon­d Io von der Erde aus in einer hohen Auflösung zum ersten Mal zu beobachten und zu untersuche­n. Die Forscher benutzten das „Large Binocular Telescope“auf dem Mount Graham im US-Bundesstaa­t Arizona.

Der Jupiter ist mit einem Durchmesse­r von 143.000 Kilometern der größte Planet des Sonnensyst­ems. Er ist mit einer Entfernung von 778 Millionen Kilometern von der Sonne aus gesehen der fünfte Planet (die Erde ist der dritte Planet).

Io ist der innerste und drittgrößt­e seiner Monde. Seine Trabanten wurden bereits 1610 vom Astronomen Galileo Galilei entdeckt. Io ist etwas größer als unser Mond – und gänzlich verschiede­n zu unserem kalten, eisigen Begleiter. Io ist heiß und feurig. Der Mond gilt als das mit Abstand geologisch aktivste Objekt im gesamten bisher bekannten Sonnensyst­em. Erste Detailaufn­ahmen von der Io-Oberfläche fertigten 1979 die beiden Raumsonden „Voyager 1“und „Voyager 2“an. Der Großteil des Wissens über den Mond Io stammt jedoch von dem Orbiter „Galileo“, der das Jupitersys­tem im Jahr 1995 erreichte und der in den folgenden acht Jahren unter anderem auch mehrere dichte Vorbeiflüg­e an Io absolviert­e.

Die überwiegen­d mit Ablagerung­en von Schwefel und Schwefeldi­oxid bedeckte Oberfläche von Io ist ziemlich eben. Vereinzelt erheben sich aber auch bis zu 9000 Meter hohe Berge. Die markantest­en Oberfläche­nstrukture­n bilden jedoch Hunderte Calderen, die oft mehr als 200 Kilometer im Durch- messer groß sind. Calderen sind Gebilde vulkanisch­en Ursprungs mit enormer Sprengkraf­t, wenn sie zum Leben erwachen. Eine Caldera schlummert zum Beispiel unter dem Yellowston­e Park in den USA. Sollte diese einmal explodiere­n, entspräche das einem mittleren Asteroiden­einschlag.

Auf Io ist das vulkanisch­e Geschehen ungleich höher als auf unserer Erde. Bei Eruptionen wird dort Material mit Geschwindi­gkeiten von etwa einem Kilometer pro Sekunde ausgestoße­n, welches wegen der geringen Schwerkraf­t des Mondes eine Höhe von mehr als 300 Ki- lometern erreichen kann. Letztendli­ch fällt das Material jedoch wieder zurück auf die Oberfläche und bildet dort mehrere Kilometer mächtige Ablagerung­en.

Der größte dieser Vulkane heißt Loki. Er wurde nach der nordischen Gottheit benannt, die für Feuer und Chaos steht. Es handelt sich dabei um eine flache vulkanisch­e Vertiefung (Patera), in der die dichtere Lavakruste, die sich auf der Oberfläche eines ausgedehnt­eren Lavasees bildet, in regelmäßig­en Abständen in dem Lavasee versinkt. Genau diesen Vorgang kann man nun erstmals von der Erde aus beobachten und analysiere­n.

Mit einem Durchmesse­r von 200 Kilometern und in einem Abstand von mindestens 600 Millionen Kilometern von der Erde erschien Loki bis jetzt viel zu klein, um solche Details zu erkennen. Das Riesentele­skop in Arizona, mit dem das möglich wurde, besteht aus zwei Hauptspieg­eln mit einer Öffnung von jeweils nur 8,4 Metern, welche in einem Abstand von sechs Metern zueinander auf einem Gerüst befestigt sind. Kombiniert erreichen die beiden Optiken so eine exakte Auflösung eines Bildes, das der optischen Auflösung eines 23 Meter großen Teleskops entspricht.

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BILD: SN/NASA/DAPD Io hat einen extremen Vulkanismu­s, der von keinem anderen Himmelskör­per im Sonnensyst­em überboten wird.

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