Steirer-FPÖ will regieren
Vor zehn Jahren waren die Blauen in der grünen Mark nicht einmal im Landtag vertreten. Jetzt sind sie auf Tuchfühlung mit SPÖ und ÖVP: „Das muss uns erst jemand nachmachen.“
GRAZ. Jörg Haider war einst „schon weg“und dann „schon wieder da“. Die steirische FPÖ war in ihrer Geschichte schon ganz oben und dann wieder ganz unten. Seit vergangenem Sonntag können sich die Blauen in der grünen Mark über das beste je bei einer Landtagswahl erzielte Ergebnis – 173.332 Stimmen oder 26,76 Prozent, was einer Steigerung von mehr als 16 Prozentpunkten entspricht – freuen.
Der dritte Platz, nur noch 11.000 Stimmen hinter der ÖVP und 16.000 Stimmen hinter der SPÖ, weckt nun Begehrlichkeiten. Spitzenkandidat Mario Kunasek stünde bereit, das Sozialressort zu übernehmen, hieß es am Dienstag.
Nur zur Hochblüte Jörg Haiders – bei der Nationalratswahl 1999 – war die steirische FPÖ stärker. Damals erreichte man 29,2 Prozent und verwies sogar die ÖVP auf Platz drei. Mario Kunasek, ausgebildeter KfzTechniker, Berufssoldat und Nationalrat, kann sich derzeit bequem zurücklehnen und das Buhlen aus Teilen der ÖVP um die Gunst der FPÖ genießen. All jenen, die sich nun für ein Ende der Ausgrenzung der Freiheitlichen aussprechen, richtet der 38-jährige Wahlsieger aus: „Die FPÖ ist nicht taktischer Spielball, um irgendwelche Ausgangspositionen für SPÖ oder ÖVP zu verbessern.“Klare Worte, gerichtet an jene, die sich steirische Reformpartner nennen und in den vergangenen fünf Jahren alles getan haben, um sich von dem durch den mittlerweile abgeschafften Proporz zu Regierungsehren gelangten FPÖParteichef Gerhard Kurzmann zu distanzieren. Dieser verweist auf die schwierige Ausgangslage für die FPÖ Steiermark nach der verlorenen Landtagswahl im Jahr 2005. Beim historischen Machtwechsel – der Ablöse von Landeshauptfrau Waltraud Klasnic (ÖVP) durch SPÖChef Franz Voves – waren die Blauen mit mageren 4,6 Prozent der Stimmen sogar aus dem Landtag gerutscht.
„Vor zehn Jahren hätte niemand einen Euro auf die FPÖ gesetzt, heute sind wir auf Augenhöhe mit SPÖ und ÖVP. Das muss uns erst einmal jemand nachmachen“, sagt Kurzmann. Und FPÖ-Klubdirektor Michael Klug ergänzt: „Das Plus von 16,1 Prozentpunkten ist der größte Zugewinn, den es je bei einer steirischen Landtagswahl gegeben hat.“
Die Blauen haben sich binnen kurzer Zeit als „soziale Heimatpartei“etabliert, grasen sowohl im traditionellen Arbeitermilieu in Industriestädten als auch im bäuerlichen ÖVP-Kernland. Meinungsforscher bezeichnen sie bereits als neue Arbeiterpartei, laut einer Wahlbefragung haben 61 Prozent der Arbeiter diesmal der FPÖ ihre Stimme gegeben. Das war nicht immer so. Bei ihrem Einstieg im Jahr 1949 kam die FPÖ in der Steiermark bei der Landtagswahl auf 14,5 Prozent. Allmählich begann die Bergund-Tal-Fahrt des dritten Lagers: Bis 1974 sollte man auf 4,2 Prozent abstürzen, auch unter der Führung des in Graz als Bürgermeister agierenden Alexander Götz konnte man in der Folge landesweit keine großen Sprünge machen. Dies änderte sich 1991, als die FPÖ bei der Land- tagswahl auf 15,4 Prozent kam. Wer den Ausschlag für diese sprunghafte Veränderung in den zweistelligen Bereich gab? Jörg Haider, der damalige FPÖ-Bundesobmann. Kurz zuvor war es einem gewissen Michael Schmid gelungen, die als zerstritten geltende steirische Parteigruppe zumindest nach außen hin zu einen. Der quer eingestiegene Architekt sollte von Haider für seine Dienste belohnt werden und wurde 2000 Infrastrukturminister der schwarz-blauen Bundeskoalition.
Nach einem Höhenflug auf Landesebene 1995 (17,1 Prozent) sackten die Blauen nach der Gründung des BZÖ auf die erwähnten 4,6 Prozent ab. Die Erholung erfolgte in Riesenschritten und nun gibt es in der Steiermark mit SPÖ, ÖVP und FPÖ drei Mittelparteien. „Jetzt wollen wir auch Verantwortung übernehmen“, sagt Spitzenkandidat Kunasek, wohl wissend, dass mit der Bestätigung für Franz Voves und Hermann Schützenhöfer durch deren Parteigremien der Zug in Richtung einer Regierungsbeteiligung abgefahren sein dürfte. Was ihn auch nicht verzweifeln lässt: „Dann klopfen wir den Vertretern der abgehobenen, arroganten SPÖ-ÖVPPolitik weiter auf die Finger.“