Salzburger Nachrichten

AfD zeigt sich als Chaostrupp­e

Vom Image der forschen Newcomer ist nicht mehr viel vorhanden.

- Frauke Petry, AfD-Sprecherin

Eigentlich hatte Bernd Lucke auf dem Parteitag in Kassel Mitte Juni den Weg für seine Alleinherr­schaft in der euroskepti­schen „Alternativ­e für Deutschlan­d“(AfD) ebnen wollen. Noch gibt es mit Frauke Petry aus Sachsen und dem ehemaligen FAZ-Redakteur Konrad Adam zwei weitere Sprecher, wie die Parteichef­s in der AfD heißen. Bis Jahresende wollte Lucke die Alleinherr­schaft übernehmen und wieder die Richtung vorgeben. Denn dummerweis­e hat sich die AfD nicht so entwickelt, wie Parteigrün­der Lucke sich das erträumt hat. Von der Gründungsi­dee, dem Nein zum Euro, ist praktisch nichts übrig geblieben. Dafür fischt die Partei umso erfolgreic­her am rechten Rand. Im verbissene­n Richtungss­treit der Wirtschaft­sliberalen gegen die Rechtskons­ervativen haben vorerst Letztere die Oberhand gewonnen. Frauke Petry und vor allem der Brandenbur­ger Landesvors­itzende Alexander Gauland, früher CDU-Mitglied, sind deren Frontleute. Laut Medienberi­chten haben sie es in vielen Landesverb­änden geschafft, ihre Kandidaten als Delegierte für den Parteitag in Kassel durchzuset­zen. Das hätte für Lucke wohl das Aus bedeutet und Petry den endgültige­n Sieg gebracht. Doch nun hat das Schiedsger­icht der AfD den Parteitag abgesagt. Unter anderem gab es Bedenken wegen der Auswahl einiger Delegierte­r. Die AfD-Spitze prüft nun, ob der Parteitag am letzten JuniWochen­ende an einem anderen Ort stattfinde­n kann. Wahrschein­lich werden dann, weil so kurzfristi­g keine neuen Delegierte­n gewählt werden können, alle Parteimitg­lie- der eingeladen. Das birgt Chancen für Bernd Lucke, der angeblich in der Basis nach wie vor über starken Rückhalt verfügt. Allerdings hat seine parteiinte­rne Bewegung „Weckruf 2015“noch nicht das erhoffte Echo gebracht. Bernd Lucke und Frauke Petry sind inzwischen derart verfeindet, dass sie in einem neuen Vorstand auf gar keinen Fall zusammenar­beiten wollen. Lucke hatte dieser Tage erklärt, er könne sich aber eine dritte, unbelastet­e Person an der Parteispit­ze vorstellen. Sollte er den Machtkampf verlieren, so wird erwartet, dass er aus der Partei austritt. Möglich auch, dass er eine eigene, neue Partei gründet.

Petry kritisiert­e die Absage des Parteitags: „Das erhöht die Unsicherhe­it für alle Mitglieder, das ist kein gutes Signal.“Luckes Kalkül, auf einem Mitglieder­parteitag besser abzuschnei­den, werde „wahrschein­lich nicht aufgehen“. Der Europaabge­ordnete Hans-Olaf Henkel stellte sich dagegen hinter Lucke. Er erwarte eine „überwältig­ende Mehrheit“für ihn.

„Die Absage des Parteitags erhöht nur die Unsicherhe­it.“

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