„Beim Sparen gibt es kaum Fortschritte“
Die Steuersenkung war richtig, sagen Experten, aber sie zweifeln, dass der Budgetkurs hält.
WEIN. Die Konjunktur schwächelt, das drückt auf Einnahmen, die Arbeitslosigkeit ist hoch und bringt höhere Ausgaben mit sich, zudem belastet die Abwicklung der HypoNachfolgegesellschaft Heta und der Volksbanken AG den Staatshaushalt. Dennoch will die Bundesregierung das von der EU-Kommission geforderte strukturelle Budgetdefizit von 0,45 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) nächstes Jahr erreichen. Der Fiskalrat geht aber davon aus, dass dieses Ziel verfehlt werden wird. Sorgen bereitet den Wächtern über die öffentlichen Finanzen, „dass wir keine Sparmaßnahmen erkennen können“, sagte der Präsident des Fiskalrats, Bernhard Felderer, am Dienstag.
Heuer wird der strukturelle Budgetsaldo auch laut Prognose des Fiskalrats mit minus 0,6 Prozent zwar noch im Bereich des Erlaubten blei- ben, aber spätestens mit Inkrafttreten der Steuerreform 2016 werde der Kurs der Budgetkonsolidierung unterbrochen. Zwar sei Österreich nicht in Gefahr, die Drei-ProzentObergrenze für die Neuverschuldung zu sprengen, aber das strukturelle Defizit werde deutlich steigen. Unter der Annahme, dass die Gegenfinanzierung zur Gänze wirksam wird) wird der Abgang ein Prozent des BIP ausmachen. In einer zweiten, vom Fiskalrat gerechneten Variante (die Effekte aus der Betrugsbekämpfung treffen nur zu 50 Prozent ein, dazu kommen 200 Mill. Euro Einsparungen in der Verwaltung und bei Förderungen) steigt der Negativsaldo auf 1,6 Prozent des BIP. Auch bei den Kosten für die Banken sieht Felderer noch zahlreiche Unsicherheiten, etwa bei der Abwicklung der Heta. „Wie das enden wird, ist unklar.“Laut Felderer wird das aber die Steuerzahler „sicher noch einige Milliar- den kosten“. Berücksichtigt in den Prognosen seien nur die vom Finanzministerium budgetierten Vermögenstransfers, also etwaige Zahlungen für Banken, 1,7 Mrd. Euro für heuer und 600 Mill. Euro für 2016.
Die größte Unsicherheit für das Budget sei aber weiterhin die Ausgabenseite, sagte Felderer. Die gesamtstaatlichen Ausgaben seien auch in Zeiten guter Konjunktur nicht gesunken, bei den Sparmaßnahmen könne der Fiskalrat „keine Fortschritte erkennen“. Reformen würden in allen Bereichen seit Jahren aufgeschoben. Dass das Maastricht-Defizit sinke, sei auf den Wegfall von Sondereffekten wie die Finanzhilfen für die Banken sowie durch eine sich allmählich verbes- sernde Konjunktur begründet, aber nicht durch eine strukturelle Konsolidierung des Haushalts, sagte Felderer: „Wir sparen zu wenig.“Eine gute Nachricht gibt es doch: Der Schuldenstand dürfte mit 291 Mrd. Euro (86,8 Prozent des BIP) den Höchststand erreicht haben, ab 2016 geht es hinunter, 2019 sollten es unter 80 Prozent sein.
Auf die Frage, ob die Steuerreform in der derzeitigen Budgetsituation ein Fehler gewesen sei, sagte Felderer, die Tarifsenkung in der Lohn- und Einkommensteuer sei „seit Langem überfällig gewesen“. Er hätte jedoch erwartet, dass die Entlastung stärker dadurch finanziert werde, indem man die Ausgaben senke „das ist nicht passiert“. Statt dessen habe man andere Steuern erhöht, „das war aus meiner Sicht auch nicht der beste Weg“. Felderer betonte, dass es sich dabei um seine persönliche Meinung und nicht die des Fiskalrats handle.