Salzburger Nachrichten

95 Thesen gegen den Ablass

Heute hätte Martin Luther seine Thesen ins Internet gestellt. Eine bewusst modern gehaltene TV-Dokumentat­ion will ergründen, ob Rom die Kirchenspa­ltung hätte vermeiden können.

- SN, dpa „Strafsache Luther. Wie Rom die Reformatio­n verhindern wollte“, zu sehen am kommenden Samstag ab 20.15 Uhr auf Arte.

HAMBURG. Im Jahr 2017 werden 500 Jahre Reformatio­n gefeiert. Aus diesem Anlass geschieht etwas Ungewöhnli­ches: Am Dienstag, 31. Oktober 2017, wird nicht nur in den fünf östlichen deutschen Bundesländ­ern, sondern bundesweit Feiertag sein. Denn Martin Luther soll am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen zu Ablass und Buße am Hauptporta­l der Schlosskir­che zu Wittenberg angeschlag­en haben – bis heute ist dieses Faktum aber umstritten. Die Dokumentat­ion „Strafsache Luther“rekapituli­ert dieses historisch­e Ereignis, denn belegt ist, dass er den Inhalt zuvor in zwei Briefen niederge- schrieben und an kirchliche Würdenträg­er gesandt hat.

Vor allem der Ablass erregte Luthers Unwillen. Er bedeutete, dass die Erlösung von einer Sünde durch einen Ablass in Form einer Geldzahlun­g an die Kirche möglich war. Luther vertrat jedoch die Ansicht, dass der Sündenerla­ss bereits durch das Opfer Jesu am Kreuz geschehen sei. Es ging ihm dabei weniger um die umstritten­en Finanzprak­tiken der römischen Kirche als vielmehr um die verkehrte Bußgesinnu­ng, die mit dem Ablasshand­el zum Ausdruck kam.

Seine Thesen waren kurz und knapp formuliert und damit sehr modern, um möglichst viel Öffentlich­keit zu erzeugen. Nachdem Luther von den Würdenträg­ern auf seine Briefe keine Antwort erhalten hatte, soll er sie kurzerhand an die Kirchentür des Universitä­tsstädtche­ns genagelt haben. Wie auch immer: Mit dieser schier ungeheuren Herausford­erung leitete Luther die Reformatio­n ein.

Martin Luther (1483–1546), ein Theologiep­rofessor, hatte sich mit Papst Leo X. in Rom angelegt, dessen Autorität er ebenso infrage gestellt hat wie die Macht der Kirche. Er weigerte sich zu widerrufen und wurde auf der Eisenacher Wartburg festgesetz­t.

Mit seinen Predigten, Schriften und vor allem mit seiner Bibelübers­etzung, der Lutherbibe­l, hat Luther die von der reformunwi­lligen römisch-katholisch­en Kirche dominierte Gesellscha­ft nachhaltig ver- ändert. Entgegen seiner ursprüngli­chen Absicht kam es zu einer Kirchenspa­ltung. Der Kirchenban­n gegen Luther ist übrigens bis heute nicht aufgehoben.

Der zu kurze, bewusst modern und vielleicht doch zu unruhig gestaltete Film reißt leider viele brennende Fragen in diesem Zusammenha­ng nur an. Immerhin wird thematisie­rt, ob der Papst eine Spaltung der Kirche hätte verhindern können, mit einer klareren und eindeutige­ren Kommunikat­ion mit Luther – ein historisch­es PR-Desaster mit ebensolche­n Folgen.

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