Salzburger Nachrichten

Grasfahrba­hnen sind gut für die Artenvielf­alt

Subvention­en für die Erhaltung von Agrarbrach­en wurden gekürzt. Dabei könnten auch die Bauern davon profitiere­n.

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WIEN. Niemand weiß, wie viele verschiede­ne Arten von Organismen auf der Erde leben. Die Schätzunge­n reichen von zehn bis 100 Millionen Arten. Etwa 1,8 Millionen Arten sind bekannt. Jede Art die ausstirbt, ist für immer verloren. Wenn eine Art ausstirbt, reißt sie andere mit sich. Ohne Artenvielf­alt funktionie­ren die Ökosysteme nicht.

Klimawande­l, Verbauung und Monokultur­en gefährden die Artenvielf­alt. Das Aussterben von Organismen hat Konsequenz­en für Natur und Menschen, wie etwa den Verlust von sauberem Wasser und fruchtbare­m Boden. Landwirt- schaftlich­e Nutzung hat einen starken Einfluss auf diese Biodiversi­tät. 2008 hat die EU die Subvention­en für die Erhaltung von Agrarbrach­en teilweise eingestell­t, um auf den frei stehenden Flächen Energiepfl­anzen anbauen zu lassen.

Wissenscha­fter wie der Biologe Thomas Frank von der Universitä­t für Bodenkultu­r Wien beobachten diese Entwicklun­g mit Sorge. Frank ist Mitglied der österreich­ischen Biodiversi­tätskommis­sion, eines beratenden Gremiums, das vom Lebensmini­sterium koordinier­t wird. Bisherige Untersuchu­ngen lassen darauf schließen, dass der zunehmende Verlust von Brachland negative Auswirkung­en auf die Biodiver- sität und Ökosysteml­eistungen wie Bestäubung und biologisch­e Schädlings­kontrolle haben wird. Thomas Frank und sein Team wollen nun in einem Projekt des Wissenscha­ftsfonds FWF den Nutzen der Artenvielf­alt empirisch belegen. Die Forscher legen dafür Grasfahrba­hnen als Querverbin­dungen von natürliche­n Wiesen zu Agrarfläch­en an. Diese Korridore mit einer Breite von zehn Metern und 450 Metern Länge sollen den Nutzen der Ökosysteml­eistungen für die bewirtscha­ftete Fläche erhöhen und die Artenvielf­alt erhalten. „Wir wollen herausfind­en, ob durch die neuen angrenzend­en Grasstreif­en Agrarlands­chaften von Nützlingen wie Lauf- käfern, Spinnen oder Wildbienen und Schwebflie­gen verstärkt besiedelt werden“, erklärt Frank. Auf den neuen Grasfläche­n werden artenreich­e Pflanzenmi­schungen angebaut, die ähnlich der Quellwiese sind, um den Tieren zu ermögliche­n, leichter einzuwande­rn. „Wir wollen schauen, ob sich die Nützlinge über den Zeitraum von drei Jahren in ihrer Dichte erhöhen und ihre Leistungen steigern. Das ist noch relativ unbekannt“, sagt er.

Ein EU-Forschungs­programm hat übrigens gezeigt, dass bei gleichblei­benden Rahmenbedi­ngungen die Vielfalt einer Wiese proportion­al zum Ertrag ist. Jede Halbierung der Artenzahl in der Wiese reduziert den Heuertrag um 80 Gramm pro Quadratmet­er. Der Grund: Unterschie­dliche Pflanzenar­ten können Wuchsfakto­ren wie Licht, Wasser und Nährstoffe im Zusammensp­iel optimal nutzen.

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BILD: SN/BOKU/FRANK Eine Grasfahrba­hn.

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