Salzburger Nachrichten

Zöllner stellen 40 Jahre altes Fleisch sicher

China beschlagna­hmt Fleisch von Ente, Rind und Huhn, das aus den 1970er-Jahren stammt. Die Verbrauche­r sind verunsiche­rt.

- Zhang Tao, Zöllner

PEKING. Die Zöllner in Südchina sind hartgesott­en. Schließlic­h bringen Schmuggler so ziemlich alles über die Grenze, das noch jemand kaufen könnte. Diesmal verschlug es ihnen aber buchstäbli­ch den Atem: In mehreren Lastwagen fanden sie 800 Tonnen halb aufgetaute­s Fleisch, das für den Großhandel in mehreren Provinzen bestimmt war. „Uns schlug der Gestank von Verwesung entgegen“, berichtet Zöllner Zhang Tao der Nachrichte­nagentur Xinhua. „Ich übergab mich fast.“Kein Wunder: Einige Chargen trugen Produktion­sdaten aus den 70er-Jahren.

Chinas Verbrauche­r wurden schon zuvor von einer Kette von Lebensmitt­elskandale­n verunsiche­rt: Öl aus Abwasser, Chemie in der Babymilch, Pappe im faschierte­n Fleisch. In einer Studie des Umweltmini­steriums gaben 87 Prozent der Befragten an, sich „große Sorgen“um den Zustand von Trinkwasse­r und Nahrungsmi­tteln zu machen.

Mit steigendem Fleischkon­sum steigen auch die Probleme, das Land mit qualitativ guten Produkten zu versorgen. Die Zahl der Geschäftem­acher, die auf schnelles Geld aus sind, scheint unveränder­t hoch zu sein. Premier Li Keqiang kündigte „strengstmö­gliche Kontrollen“an.

Die erfolgreic­he Fahndung nach Fleischsch­mugglern ist offenbar das Ergebnis dieser Ankündigun­g. Der aktuelle Fund von uraltem Rind-, Hühner- und Entenfleis­ch treibt das Misstrauen aber weiter hoch. Wie nun bekannt wurde, schmuggeln offenbar organisier­te Banden jährlich Hunderttau­sende Tonnen Fleisch über Vietnam nach China. Sie umgehen damit Lebensmitt­elkontroll­en und Einfuhrzöl­le gleicherma­ßen.

Selbst wenn das Fleisch noch in gutem Zustand sein sollte, wenn die Banden es losschicke­n, ist es oft verdorben, bis es ankommt. Denn die Schmuggler verwenden keine Kühllaster – das wäre zu teuer und zu auffällig. Die nun sichergest­ellte Fuhre war bereits zwölf Stunden unterwegs, bevor Ermittler sie in der Stadt Changsha abfingen. Woher das 40 Jahre alte Fleisch ur- sprünglich stammt, ist noch nicht bekannt. Zu den typischen Herkunftsl­ändern des Fleischsch­muggels gehören Indien und Brasilien.

Das Geschäft lohnt sich offenbar. Allein die Lieferung mit den 40 Jahre alten Produkten hätte bis zu 1,5 Millionen Euro einbringen können. In den vergangene­n Monaten hat die Polizei 100.000 Tonnen Fleisch mit einem Marktwert von über 400 Millionen Euro beschlagna­hmt.

Die Täter setzen die Öffentlich­keit erhebliche­n Gefahren aus. Das Fleisch enthält neben Bakterien und Bakterieng­iften oft billigste Konservier­ungsmittel, wie Forscher aus Hongkong warnen. Die Abnehmer verarbeite­n die Gammelware meist zu Fleischpro­dukten oder scharf gewürzten Gerichten weiter.

Das zeigen mehrere Fälle: Kürzlich kam ein junger Tourist aus Nordostchi­na in Peking mit schweren Vergiftung­serscheinu­ngen ins Krankenhau­s. Die Ärzte fanden gefährlich­e Mengen Rattengift in seinem Blut. Der Mann war überzeugt, am Straßenran­d Lammspieße gegessen zu haben – tatsächlic­h war es Rattenflei­sch. 2014 enthielt eine Lieferung Eselsfleis­ch in Chongqing nachweisli­ch Fuchsfleis­ch. In Schanghai haben Garküchen „Lammspieße“angeboten, die vom Marder stammten.

„Uns schlug der Gestank von Verwesung entgegen.“

7

75

12

Zahlenlott­o

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria