Volksbanken-Spitzeninstitut hat sich selbst abgeschafft
WIEN. Dass eine für das Finanzsystem signifikante Bank ihre Lizenz freiwillig zurücklegt, sei „beispiellos“, sagt Stephan Koren, Vorstandschef der Österreichischen Volksbanken AG (ÖVAG), die seit heute, Samstag, Geschichte ist. Es handelt sich aber nicht um eine freiwillige Selbstaufgabe, denn nachdem die Republik kein zusätzliches Geld mehr einschießen wollte, hatte der Volksbankensektor eigentlich keine Wahl, als sich völlig neu zu organisieren. Dieser Umbau ist mit diesem Wochenende auch rechtlich vollzogen. Aus der ÖVAG, dem früheren Spitzeninstitut des Sektors mit vormals 41 Mrd. Euro Bilanzsumme, wird die Abbaugesellschaft Immigon. In der bleiben von der auf 15 Mrd. Euro reduzierten Bilanzsumme (Ende 2014) zum Abbau bestimmte Vermögenswerte von 7,1 Mrd. Euro, knapp 8 Mrd. Euro gingen auf die Volksbank Wien-Baden über, die künftig auch die zentrale Steuerung des Sektors übernimmt.
Der Abbau in der Immigon soll spätestens 2017 abgeschlossen sein und von 90 Mitarbeitern bewerkstelligt werden, der Personalstand werde aber rasch sinken, sagte Koren. Für ihn und seine beiden Vorstandskollegen Michael Mendel und Rainer Borns gebe es für die nächsten Monate sicher genug zu tun. Koren ließ aber durchblicken, dass der Dreiervorstand nicht bis zum Ablauf seiner Verträge (zwischen einem und zwei Jahren) bleiben wird. „Von der Vertragslaufzeit her muss Koren das Licht ausmachen“, sagte Mendel. Koren fügte hinzu, dass seine Lebensplanung schon vor seinem Engagement bei der ÖVAG (im September 2012) keinen Job in einer Bank vorgesehen habe. Bis für andere Dinge des Lebens Zeit ist, ist allerdings noch einiges zu tun, unter anderem bei Kreditportfolien sowie einigen Beteiligungen (u. a. VB Leasing, Factoring Bank, Kapitalanlagegesellschaft).
Der Totalumbau an der Spitze des Volksbankensektors hat aber auch einen massiven Stellenabbau zur Folge. Hatte die ÖVAG 2012 noch 2038 Mitarbeiter, waren es zuletzt nur mehr 770. Knapp die Hälfte davon wechselt in die Volksbank Wien-Baden, 90 bleiben wie erwähnt in der Immigon, die anderen wechseln entweder im Zuge der Verkäufe ihren Arbeitgeber oder müssen sich Jobs suchen.
An der Immigon hält die Republik etwas über 43,3 Prozent, die Volksbanken (noch sind es 41, aber sie schließen sich zu acht zusammen) haben ihren Anteil an der früheren ÖVAG von 51,6 auf nun 43,2 Prozent gesenkt. Rund 9,3 Prozent werden von einem Rechts-
„Spät expandiert, früh in die Krise – eine explosive Mischung.“
anwalt treuhändisch gehalten, die deutsche Genossenschaftsbank DZ Bank ist mit knapp 3,8 Prozent beteiligt. Sollte am Ende der Abwicklung der Immigon ein Erlös übrig sein, würde der Anteil des Treuhänders an die Republik gehen. Dass aus dem Abbau noch einmal Belastungen auf die Aktionäre zukommen, insbesondere auf den Staat, erwartet Koren nicht. Alle Werte seien mehrfach geprüft und zu Zerschlagungswerten bilanziert, das Schlimmste, was passieren könne, sei, „dass am Ende nichts übrig bleibt“.
Den Grund für den Niedergang der ÖVAG sieht Koren darin, dass sie relativ spät expandiert habe – nach Osteuropa und mit dem Kauf der Investkredit. Die Organisation der Bank und ihre Kontrollsysteme hätten damit nicht Schritt gehalten, daher sei man schlecht vorbereit in die Krise geraten.