Sauber-Chefin: „Es lohnt sich zu kämpfen“
Die Wienerin Monisha Kaltenborn über überstandene Turbulenzen, Job und Familie.
Monisha Kaltenborn (Sauber) und Claire Williams (Williams) sind die 20-Prozent-Frauenquote unter den Formel-1-Teamchefs. Nach wirtschaftlichen und sportlichen Problemen in der Saison 2014 und juristischen Turbulenzen zum heurigen Saisonstart (Vertragskonflikt mit dem Ex-Ersatzfahrer Giedo van der Garde) geht es mit Sauber wieder aufwärts: Monisha Kaltenborn kann wieder durchatmen. SN: Sauber hat sich deutlich gesteigert. Wo sehen Sie jetzt Stärken und Schwächen? Kaltenborn: Am wichtigsten ist, dass wir unsere Konkurrenzfähigkeit wieder erlangten, weil das Gesamtpaket mit Chassis, Motor und Fahrern stimmt. Wir konnten damit zeigen, dass 2014 ein einmaliger Ausrutscher war. Die Punkte im ersten Rennen waren sehr wichtig. Aber wir müssen uns noch weiter verbessern, mit dem Auto sind wir noch nicht zufrieden. Es ist auf manchen Strecken gut für das obere Mittelfeld, aber wir müssen mehr Konstanz erreichen. SN: Der erfolgreiche Saisonstart in Melbourne nach den nervenaufreibenden Tagen war wohl der beste moralische Schub für das gesamte Team? Auf jeden Fall. Ich habe größten Respekt vor der Leistung meiner Mannschaft und wie sie sich auf die Arbeit konzentrieren konnte. SN: Sind die vertraglichen Probleme mittlerweile endgültig ausgeräumt? Ja. Es gibt keine Befürchtungen mehr, die Sache ist abgehakt. Und die von manchen Seiten geäußerten Spekulationen um Vertragssituationen kommentiere ich nicht. SN: Felipe Nasr (16) und Marcus Ericsson (5) holten heuer schon 21 WM-Punkte. Welches Halbjahreszeugnis stellen Sie den beiden aus? Ein gutes, ich bin mit beiden zufrieden. Sie hatten keinen einfachen Einstieg ins Team und in die Saison. Aber sie haben beide großes Potenzial. Es ist wichtig, dass sie dieses ausbauen. Ich habe da keine Zweifel, denn beide sind extrem motiviert und bringen eine gute Stimmung ins Team. SN: Ist die finanzielle Situation weiter besorgniserregend? Es geht Schritt für Schritt in die richtige Richtung. Als Privatteam kannst du nie zufrieden sein. Als wir ein Werkteam waren (mit BMW, Anm.), konnten wir zeigen, wozu wir mit höherem Budget fähig waren. Es liegt also alles zuerst an der finanziellen Basis, aber es lohnt sich, für ein Privatteam zu kämpfen. SN: Sie sind letztverantwortlich für alles. Wie schaffen Sie den Überblick über Personal, Finanzen, Technik, Organisation? Es stimmt, dass ich in alle Bereiche involviert bin und die Schwerpunkte setzen muss. Ich brauche einfach den Generalüberblick, aber ich habe auch das Vertrauen in meine Mitarbeiter, sodass ich nicht in die Arbeit der Spezialisten reinfunken muss. Und ich kenne die Firma ja schon lang. SN: Wie bewältigen Sie Job und Familie als Ehefrau und zweifache Mutter? Es ist schwierig und eine große Herausforderung. Die Probleme mit Kindern werden ja nicht geringer, wenn sie älter werden (der Sohn ist 13, die Tochter zehn, Anm.). Aber es klappt, weil wir zusammenhelfen. SN: Sie wuchsen in Wien als Immigrantin auf. Verspürten Sie je Nachteile? Wie wurden Sie aufgenommen? Ich konnte ja nicht Deutsch, als wir ankamen. Aber ich erlebte nie Ausgrenzung. Ich konnte überall dabei sein. Es war unsere Einstellung, flexibel zu sein und uns an die neue Umgebung anzupassen. Man muss offen sein für Integration.
Zur Person: Monisha Kaltenborn