„Rasta la Vista“in Wimbledon
Die Fans in Wimbledon überschlagen sich an Lobeshymnen über Dustin Brown nach seinem Sieg gegen Rafael Nadal. Der Deutsche hat eine überaus bewegte Lebensgeschichte.
LONDON, SALZBURG. Bis zu diesem 2. Juli galt Dustin Brown als Lebenskünstler, Tennis-Abenteurer und Instinktspieler. Aber einen Tag nach seinem überraschenden Erfolg (7:5, 3:6, 6:4 und 6:4) gegen Rafael Nadal in der zweiten Runde von Wimbledon überschlugen sich die internationalen Medien vor Begeisterung. Das ist eben so, wenn man einen wie Rafael Nadal, den zweifachen Champion, auf dem berühmten Rasen in London bezwingt.
„Favoritenschreck“nannte den 30-jährigen Deutschen die angesehene „Times“. Das britische Schmuddelblatt „Sun“übertraf sich selbst mit drei Worten: „Rasta la Vista“hieß es da in Anlehnung an die wilden Rastalocken des Paradiesvogels, gebürtig in Celle in Niedersachsen. „Es wird schwer, diesen Tag noch zu übertreffen“, meinte der Sohn einer deutschen Mutter und eines jamaikanischen Vaters und sprach das aus, was sich viele der 14.000 Zuschauer im TennisGral von Wimbledon nach dem Match gedacht haben. Brown war bisher immer ein Showman, meist mit wenig Erfolg. Der Sieg gegen den 14-maligen Grand-Slam-Champion hievt ihn in eine andere Sphäre. Aber es wird auch schwer werden, diesen Sieg gegen einen Weltklassespieler zu bestätigen. Die Statistik zeigt, dass bei Brown nach guten Spielen immer wieder miserable folgten: „Ich weiß, dass ich kein Weltmeister der Konstanz bin. Aber so ein Sieg gegen Nadal, der entschädigt doch für vieles, auch für viele Erstrundenniederlagen anderswo“, meinte der fast zwei Meter große (1,96 m) Tenniskünstler.
Viel Lob gab es für Brown nach dem Überraschungscoup von Tennislegenden. John McEnroe, das Enfant terrible früherer Zeiten, aus den USA meinte: „Es war das beste Spiel eines nicht gesetzten Spielers in der Wimbledon-Geschichte.“Mats Wilander – der Schwede hat selbst sieben Grand-Slam-Turniere gewonnen – war entzückt: „So muss Rasentennis sein.“Nur einer war gar nicht „amused“. Rafael Nadal. „Ich fand keinen Rhythmus, kein Selbstvertrauen“, war der Spanier nachher entsetzt.
Im Moment des Triumphes kreisten beim Wimbledon-Qualifikanten viele Gedanken um seine Anfänge – Tage, wo er sich die Reisen zu den Tennisturnieren noch nicht leisten konnte: „Das Geld für teure Hotels war nicht da und so bin ich halt mit einem von den Eltern geschenkten Wohnmobil rumgefahren. Ich habe sogar für andere Spieler die Schläger für ein kleines Honorar bespannt“, erzählt die aktuelle Nummer 102 der Welt. Mit elf Jahren ging Brown mit seinen Eltern nach Jamaika zurück und spielte in dieser Zeit seine ersten Turniere auf noch niedrigem Niveau.
Das Hochgefühl in Wimbledon soll jetzt noch nicht zu Ende sein. In der dritten Runde wartet mit dem Serben Viktor Troicki ein Aufschlagbomber auf Brown. „Ich will endlich einmal in der zweiten Turnierwoche in Wimbledon dabei sein.“Dazu fehlt dem Rastamann noch ein Sieg. Ein Gefühl kennt Dustin Brown jetzt zumindest schon: Wie es sich anfühlt, auf dem Centre-Court zu gewinnen. Ein Gefühl, das Lust auf mehr macht.
„Ich weiß, ich bin kein Weltmeister der Konstanz.“