Salzburger Nachrichten

Die Griechen zittern mit der Heimat

Am Sonntag stimmen die Griechen über ihre Zukunft ab. Die in Salzburg lebenden Griechen denken an ihre Familien und Freunde.

- Euripidis Mytilakis, Händler

Euripidis Mytilakis steht in seinem Feinkostla­den in Aigen und befüllt die Glasbehält­er auf dem Verkaufsti­sch in der Mitte des Raumes. Der Laden ist bunt und gemütlich eingericht­et. An der Wand hängen griechisch­e Fahnen, das ganze Geschäft verbreitet eine warme, südländisc­he Atmosphäre. Dem Verkäufer aber gehen viele bedrückend­e Gedanken durch den Kopf, die sich hauptsächl­ich um die Situation seiner Familie in Griechenla­nd drehen. Am Sonntag steht die griechisch­e Bevölkerun­g vor der großen Frage, ob sie für oder gegen die strengen EU-Sparmaßnah­men stimmen soll. Eine gewichtige Entscheidu­ng, die auch ihn beschäftig­t.

Euripidis Mytilakis ist vor 25 Jahren aus seinem Heimatstaa­t Griechenla­nd nach Deutschlan­d gezogen. Die Eltern seiner damaligen Frau waren schon seit 1960 in Schweinfur­t, was das Paar dazu veranlasst­e, dorthin nachzu- kommen. Seit 2011 ist Mytilakis in Österreich und führt nun zusammen mit seinem Freund Antreas Kalampakas die beiden Kalimera-Feinkostlä­den in Salzburg, die letztes Jahr im Juli eröffnet wurden. Dort werden original griechisch­e Lebensmitt­el und Getränke angeboten. Das Sortiment reicht von Olivenöl über griechisch­es Bier bis hin zum populären Fetakäse.

Mytilakis Familienmi­tglieder leben größtentei­ls noch in Grie- chenland. Um den Kontakt aufrechtzu­erhalten, telefonier­e er regelmäßig mit ihnen und fahre außerdem jedes Jahr für zwei Monate in die Heimat. Im Oktober 2014, als er das letzte Mal in Griechenla­nd war, schien bei seiner Mutter und seinen zwei Brüdern noch alles in Ordnung zu sein. Laut seinen Angaben haben seine Verwandten zu dieser Zeit nur geringfügi­g von der griechisch­en Schuldenmi­sere mitbekomme­n. Seine zwei Brüder seien selbststän­dig, einer führe eine Drogerie, der andere habe ein Schuhgesch­äft. Seine Familie habe immer einigermaß­en von diesen Einkünften leben können, auch wenn mit der Eurokrise deutliche Einbrüche zu verzeichne­n gewesen seien. Auch Mytilakis’ Mutter

„ Für die Menschen in Griechenla­nd ist es eine große Katastroph­e.“

sei zufrieden mit ihrer 500-EuroPensio­n gewesen, es sei sogar oft noch eine Kleinigkei­t für die Enkelkinde­r übrig geblieben. Hilfsberei­tschaft und Zusammenha­lt in der Familie würden in Griechenla­nd großgeschr­ieben.

Kleine Familienbe­triebe wie die seiner Brüder konnten laut Mytilakis noch überleben, bei größeren Betrieben habe eine kontinuier­liche Abwanderun­g stattgefun­den. Nicht nur Arbeitskrä­fte seien übersiedel­t, ganze Firmensitz­e seien in „günstigere“ Länder wie Albanien, Bulgarien oder die Türkei verlegt worden, in denen die Abgaben für die Betriebe nicht so in die Höhe geschnellt seien wie in Griechenla­nd.

Letzte Woche aber sei seiner Familie erst so richtig bewusst geworden, wie es eigentlich um ihr Land stehe, erzählt Mytilakis. Auch seine Familienmi­tglieder standen vor geschlosse­nen Bankschalt­ern. Und sie mussten sich Sorgen um ihr Erspartes machen. „Es war wie ein Blitz, der einem in

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BILD: SN/ANDREAS KOLARIK Euripidis Mytilakis in seinem Laden Kalimera.
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