Wie geht es weiter mit Griechenland?
Ein Überblick über mögliche Szenarien. Fix ist nur, dass alles ungewiss bleibt.
Das überraschend klar ausgefallene Nein der Griechen zu dem Sparplan der Gläubiger macht eine rasche Lösung nach Ansicht von Beobachtern noch unwahrscheinlicher. Anbei ein Überblick über mögliche Entwicklungen:
1.
Griechenland und die Eurogruppe einigen sich Ein neues Hilfspaket scheint auf den ersten Blick nicht unmöglich, denn EU-Kommissionschef JeanClaude Juncker hatte die Differenz vor dem Ende der Verhandlungen auf nur 60 Mill. Euro beziffert – eine für europäische Verhältnisse geradezu geringe Summe. Doch selbst wenn sie es wollten – die Euroländer und der IWF können das zweite Hilfspaket nicht mehr verlängern, es ist am 30. Juni mangels Einigung abgelaufen. Ein neues Paket muss mit der griechischen Regierung ausverhandelt und dann von den Parlamenten der 19 Euroländer gebilligt werden. Dem IWF schuldet Athen außerdem noch eine Kreditrückzahlung in Höhe von 1,6 Mrd. Euro. Dies müsste im Zuge einer Einigung beglichen werden.
Premier Alexis Tsipras sieht sich durch das Nein seiner Landsleute beim Referendum gestärkt und beharrt bisher auf einem 30-prozentigen Schuldenschnitt. Es gilt als äußerst unwahrscheinlich, dass die anderen Euroländer nunmehr ein weiteres, substanzielles Entgegenkommen an Athen zeigen.
2.
Griechenland verlässt die Eurozone Ein solches geregeltes Szenario ist in den EU-Verträgen nicht vorgesehen. Laut Artikel 50 kann ein Land von sich aus einen Antrag auf Austritt aus der EU stellen. Theoretisch könnte Griechenland aus der EU austreten und als Nichteuromitglied wieder eintreten. Tsipras’ Regierung hat aber klargemacht, dass sie Griechenland im Euro halten will.
Denkbar wäre also, dass sich die Eurostaaten irgendwann einmal auf ein Euroaustrittsszenario einigen, doch setzt dies Konsens über die Bedingungen voraus, und Griechenland könnte auch dafür finanzielle Hilfe verlangen.
3.
Griechenland bekommt eine Parallelwährung Griechenland bleibt juristisch im Euro, muss aber eine Parallelwährung einführen. Sollte keine rasche Einigung mit den Gläubigern zustande kommen, dürfte der Europäischen Zentralbank nicht mehr viel Spielraum zur weiteren Gewährung von Nothilfen an die griechischen Banken bleiben. Gehen dem Land die Geldreserven aus, dann wäre Griechenland gezwungen, andere Zahlungsmittel einzusetzen, also etwa Schuldscheine auszugeben oder eine eigene nationale Währung zu drucken.
Ohne formal vereinbarten „Grexit“– ein Ausscheiden aus dem Euro – wäre dies zwar ein Bruch der EU-Regeln, denn der Euro ist das einzig legitime Zahlungsmittel in der Eurozone, doch sind dafür keine Sanktionen im Vertrag vorgesehen.
Die Einführung einer Parallelwährung würde einfach neue Fakten schaffen und Griechenland zunächst noch weiter isolieren. Die EU müsste dann sicherstellen, dass der Bevölkerung humanitäre Hilfe zukommt und Griechenland die Sicherung der Außengrenzen weiter garantieren kann. Über weite Strecken würde ein solches Szenario aber wahrscheinlich chaotisch ablaufen. Auch der Kosovo und Montenegro haben den Euro als nationale Währung, obwohl sie nicht der Eurozone angehören.