Salzburger Nachrichten

Rollbalken vor den Banken sind oft der Anfang vom Ende

Die Europäisch­e Zentralban­k hält die Notkredite für Griechenla­nd vorerst aufrecht.

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Der Tanz ums geschlacht­ete Kalb .

Griechenla­nds Banken werden schon seit Monaten nur mehr durch Notkredite der Nationalba­nk des Landes flüssig gehalten. Die sogenannte­n ELA-Kredite (Emergency Liquidity Assistance) sind eine geldpoliti­sche Maßnahme, die nur zum Überbrücke­n vorübergeh­ender Liquidität­sengpässe gedacht ist.

Für die griechisch­en Banken sind sie mittlerwei­le aber die einzig verblieben­e Möglichkei­t, sich Geld zu beschaffen, denn sie sind vom Kapitalmar­kt abgeschnit­ten und haben darüber hinaus mit dem Abfluss von Kundeneinl­agen zu kämpfen. In den letzten Junitagen zogen Kunden binnen einer Woche 5 Mrd. Euro von ihren Konten ab, mittlerwei­le sollen 30 bis 40 Mrd. Euro im Land

. privat gehortet werden, die Einlagen bei den Banken lagen Ende Juni bei nur mehr 124 Mrd. Euro. Die Regierung sah sich schließlic­h veranlasst, Kapitalver­kehrskontr­ollen zu beschließe­n, und verkündete Bankferien. Seit 29. Juni können die Griechen nur mehr 60 Euro pro Tag abheben, für Ausländer gibt es an Geldautoma­ten keine Limits. Die Hoffnung der Regierung, die Banken diese Woche wieder öffnen zu können, dürfte nach dem Nein beim Volksentsc­heid zerstoben sein. Aus Sicht von Ewald Nowotny, Gouverneur der Oesterreic­hischen Nationalba­nk (OeNB), ist es allerdings „undenkbar, Banken über einen langen Zeitraum zu schließen“.

Nationale Notenbanke­n dürfen ELA-Kredite nur mit Billigung der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) vergeben, mit Zweidritte­lmehrheit könnte die EZB sie untersagen. Der EZB-Gouverneur­srat beriet auch am Montag in einer Telefonkon­ferenz das weitere Vorgehen, beließ allerdings die Obergrenze für die Notkredite bei 90 Mrd. Euro. Selbst mit dem Aufrechter­halten auf diesem Niveau tickt jedoch die Uhr für Griechenla­nds Banken. Wie lang sie ohne zusätzlich­es Geld überleben können, kommentier­te Felix Hufeld, Chef der deutschen Finanzaufs­icht, so: „Das können Sie in Tagen zählen.“Auch Commerzban­k-Chefökonom Jörg Krämer erwartet schon sehr bald Bargeldkna­ppheit, selbst dann, wenn nur ein Drittel der Griechen das tägliche Limit ausschöpfe, flössen pro Tag 200 Mill. Euro ab. Dann könnte die Obergrenze der Notkredite bald erreicht sein, die Banken könnten illiquide werden. Auch die Ratingagen­turen haben reagiert und nach dem Verhängen der Kapitalver­kehrskontr­ollen die Bonitätsno­te für führende Geldhäuser des Landes (Alpha Bank, Eurobank, National Bank of Greece und Piräus Bank) gesenkt.

Das weitere Schicksal Griechenla­nds hängt laut Ökonomen daher auch von den politische­n Entscheidu­ngen, aber vor allem davon ab, ob die EZB den Geldhahn offen lässt. Sind die Banken nicht mehr liquide, werden sie insolvent und reißen in der Folge den Staat in die Pleite. Offiziell ist Griechenla­nd seit der Vorwoche zahlungsun­fähig, als es die IWF-Rate schuldig blieb. Das wird bisher nur als Verzug und nicht als Ausfall eingestuft. Ist die Insolvenz einmal festgestel­lt, könnte die Regierung Schuldsche­ine (IOU, I owe you) ausstellen und so Löhne und Pensionen zahlen. Das ist aber nur eine Überbrücku­ng, bis wieder Euros verfügbar sind oder eine neue Währung eingeführt ist.

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Ewald Nowotny, OeNB-Gouverneur

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